Kein Einmarsch in unsere Städte – Widerstand gegen Trumps Nationalgarde wächst

VonRainer Hofmann

September 7, 2025

An diesem Wochenende standen gleich mehrere amerikanische Städte im Zeichen des Widerstands. In Washington, D.C. zogen Tausende durch die Straßen, um gegen die Bundesübernahme ihrer Polizei und den Einsatz von Nationalgardisten zu protestieren. Der „We Are All D.C.“-Marsch begann im Meridian Hill Park, begleitet von Musik, Transparenten und einer Stimmung, die eher an ein Fest der Zivilgesellschaft erinnerte als an eine Sicherheitskrise. Menschen trugen Schilder mit Aufschriften wie „Protect DC Home Rule“ und „Stop the Trump Takeover“, während sie auf der 16th Street in Richtung Freedom Plaza zogen. Die Botschaft war klar: Die Hauptstadt will sich ihre Selbstverwaltung nicht nehmen lassen – erst recht nicht in einem Moment, in dem die Kriminalitätsrate so niedrig ist wie seit 60 Jahren nicht.

Chicago

Auch in Chicago eskaliert der Konflikt. Hier hat die Bundesregierung die Naval Station Great Lakes als logistische Basis für eine großangelegte Abschiebe- und Kontrolloperation reserviert. 250 Bundesbeamte und 140 Fahrzeuge sind bereits eingetroffen, um das auszuweiten, was im Planungsdokument als „Operation Community Sweep“ bezeichnet wird. Bürgermeister Brandon Johnson spricht von einem „Angriff auf die Demokratie“ und warnt, Trump wolle die Stadt besetzen. Gouverneur JB Pritzker kündigt Klagen an und mahnt: „Der Präsident der Vereinigten Staaten droht, gegen eine amerikanische Stadt Krieg zu führen. Das ist kein Scherz. Das ist nicht normal.“ Aktivisten organisieren Notfallpläne, Schulen bereiten sich auf verstärkte Abwesenheiten vor, Kirchen deklarieren sich als Schutzräume.

Baltimore

In Baltimore erreichte der Protest bereits am Freitag einen Höhepunkt. Gouverneur Wes Moore, Bürgermeister Brandon Scott und Hunderte Anwohner marschierten gemeinsam durch die Innenstadt, um gegen Trumps Ankündigung zu demonstrieren, auch hier die Nationalgarde einzusetzen. Moore nannte die Drohung „reinen Theaterdonner“ und eine Machtdemonstration, die nichts mit den tatsächlichen Bedürfnissen der Stadt zu tun habe. Auf den Straßen hallten die Rufe „We all we got, we all we need“. Die Botschaft aus Maryland war unmissverständlich: Baltimore wird sich nicht widerstandslos in eine weitere Kulisse der Bundespolitik verwandeln lassen.

Washington D.C.

Die politischen und sozialen Spannungen sind enorm. Trump begründet die Einsätze mit einem „nationalen Notstand“ und verweist auf Executive Orders, die er am Tag seiner Amtseinführung unterzeichnete – ursprünglich gedacht für Grenzschutz, jetzt angewandt im Herzen amerikanischer Metropolen. Bürgerrechtsorganisationen warnen vor einer Militarisierung des Alltagslebens und vor einem schleichenden Ausnahmezustand. Die wirtschaftlichen Folgen sind bereits sichtbar: Restaurants in Latino-Vierteln verzeichnen Einbrüche von bis zu 40 Prozent, Schulen melden steigende Fehlzeiten, Kliniken berichten von zurückgehenden Patientenzahlen.

Was in Washington, Chicago und Baltimore geschieht, ist mehr als eine Auseinandersetzung über Kriminalitätsstatistiken. Es ist eine Grundsatzfrage über das Verhältnis von Regierung und Bürgern, über föderale Macht und die Grenzen präsidentieller Autorität. In allen drei Städten richtet sich der Widerstand gegen das gleiche Muster: den Versuch, mit dem Militär und Bundespolizei lokale Strukturen zu verdrängen und einen Ausnahmezustand zu normalisieren. Bürgerrechtsorganisationen warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall, der weit über diese Städte hinaus Wirkung entfalten könnte. In Chicago und Baltimore werden Nachbarschaften organisiert, Notfallpläne entworfen, Kirchen öffnen ihre Türen als Schutzräume. In Washington, D.C. fordern die Menschen die Rückgabe ihrer Selbstverwaltung und erinnern daran, dass die Gewaltkriminalität auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten ist. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen sind schon jetzt spürbar: Restaurants in Einwanderervierteln berichten von Umsatzverlusten, Schulen sehen wachsende Fehlzeiten, Ärzte von leeren Wartezimmern. Die Angst, plötzlich Ziel einer Razzia zu werden, schleicht sich in das tägliche Leben ein. Und doch zeigt die Entschlossenheit auf den Straßen, dass sich die Städte nicht widerstandslos unterwerfen lassen. Chicago, Washington und Baltimore sind zum Symbol dafür geworden, dass Demokratie nicht nur eine Institution, sondern auch ein kollektiver Akt des Widerstands ist. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob diese Städte dem Druck standhalten – und ob die Vereinigten Staaten noch die Kraft haben, sich selbst daran zu erinnern, dass Freiheit nicht von oben gewährt, sondern von unten verteidigt wird.

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Ela Gatto
Ela Gatto
2 Monate zuvor

Mutige Menschen.
Ich hoffe, dass das DER Funke ist, den es braucht.

Die Trollfabriken der MAGA laufen heiß diesbezüglich. Die Kommentare sind unglaublich.

Scheint, als ob die Regierung Angst hat.
Dann sind die Menschen auf dem richtigen Weg.

Und Ihr mit Eurer unermüdlichen Aufklärungsarbeit seid die Spitze. In zweifacher Hinsicht. Spitze in Eurer Arbeit, Spitze darin der Stachel zu sein.

Mariann
Mariann
2 Monate zuvor

Ich habe grösste Hochachtung vor den Protestierenden. Es ist gut, dass sie sich nicht provozieren lassen, denn darauf warten Trumps Leute ja nur, damit sie zuschlagen und er eine Krise ausrufen kann.

Bravo!

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