Geheime Kanäle – „Der Kongress prüft Trumps Regierungsnachrichten auf X“

VonRainer Hofmann

Oktober 29, 2025

In Washington ist es kein Gerücht mehr, sondern ein offizieller Vorgang: Der Kongress der Vereinigten Staaten untersucht bereits die Trump-Regierung wegen des mutmaßlichen Missbrauchs nicht genehmigter Kommunikationsplattformen für Regierungszwecke. Das geht aus einem Schreiben hervor, das am 29. Oktober 2025 vom Ausschuss für Aufsicht und Regierungsreform des Repräsentantenhauses an den Finanzchef von X Corp., Anthony Armstrong, gesendet wurde. Darin heißt es ausdrücklich:

„Bitte beachten Sie, dass derzeit eine Untersuchung zur Nutzung nicht genehmigter Messaging-Plattformen für Regierungsgeschäfte durch die Trump-Administration läuft.“

Diese Formulierung lässt keinen Zweifel: Unsere Recherchen ergaben, dass die Untersuchung bereits laufen, sie befindet sich nicht mehr in der Antragsphase, sondern im Stadium der Beweissicherung. Der Kongress verlangt von X Corp., sämtliche Kommunikationsdaten, Serverprotokolle, Backups und Metadaten zu sichern – alles, was mit Nachrichten zwischen Regierungsmitgliedern, einschließlich Präsident Donald Trump, in Verbindung steht.

Das Schreiben vom heutigen Tag, das uns vorliegt, ist eine formelle Beweissicherungsanordnung, im amerikanischen Recht „Preservation Letter“ genannt, und verpflichtet X Corp., keine Daten zu löschen oder zu überschreiben. Sie gilt rückwirkend ab dem 20. Januar 2025 und umfasst laut Brief alle privaten Nachrichten auf X zwischen oder unter Mitgliedern der Trump-Regierung, einschließlich des Präsidenten selbst, sämtliche Konten, elektronische Dokumente, archivierte Daten, Systemprotokolle sowie den gesamten Social-Media-Verkehr.

Die Absender sind die demokratischen Abgeordneten Robert Garcia aus Kalifornien und Suhas Subramanyam aus Virginia, beide Mitglieder des Ausschusses für Aufsicht und Regierungsreform. In dem Brief schreiben sie: „Wir fordern X Corp. hiermit auf, alle relevanten Daten zu sichern, aufzubewahren und der weiteren Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Es darf keinerlei Löschung, Veränderung oder Beschränkung des Zugriffs erfolgen, gleichgültig, ob die Daten privat, verschlüsselt oder archiviert sind.“

Der Hintergrund ist brisant. Nach Informationen aus dem Umfeld des Ausschusses steht der Verdacht im Raum, dass Mitglieder der Trump-Regierung über X – also über Direktnachrichten, geschlossene Gruppen oder verschlüsselte Kanäle – Regierungsentscheidungen, Personalfragen und diplomatische Absprachen getroffen haben. Sollte sich das bestätigen, wäre es ein Verstoß gegen das Presidential Records Act, das Bundesgesetz, das alle amtlichen Dokumente, Mitteilungen und elektronischen Aufzeichnungen als Eigentum des Staates definiert.

Teil einer Recherche – Abschlüssen mit Stand Juni 2025 – Aktuelle Recherchen dazu laufen.

Im Schreiben heißt es weiter: „Diese Kommunikation könnte relevante, bislang unzugängliche Informationen über Regierungsentscheidungen, Personalmaßnahmen oder mögliche Interessenkonflikte enthalten. Eine unterlassene Aufbewahrung würde eine Verletzung des Bundesrechts darstellen.“

Die demokratischen Abgeordneten verweisen auch darauf, dass X als Plattform in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand politischer Einflussnahme durch Regierungsbeamte gewesen sei. Im Brief wird betont, dass jede potenzielle Löschung oder Einschränkung des Zugriffs auf Nachrichten rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Nach Informationen aus dem Umfeld des Ausschusses wird geprüft, ob ähnliche Aufforderungen auch an andere Plattformen gesendet werden sollen, um festzustellen, ob Regierungsbeamte dieselben Kommunikationsmuster auch dort nutzten. Besonders im Fokus steht eine Gruppe von Beratern im Weißen Haus, die „private Kanäle für offizielle Abstimmungen“ verwendet haben soll.

In der Praxis bedeutet das: Die Ermittler wollen herausfinden, ob über X Entscheidungen vorbereitet oder genehmigt wurden, die eigentlich dokumentationspflichtig wären – etwa Ernennungen, Budgetzuweisungen oder außenpolitische Abstimmungen. Nach Einschätzung des Ausschusses unterläuft die Nutzung geheimer Kommunikationskanäle durch Regierungsbeamte die öffentliche Kontrolle – ein Verhalten, das als unethisch und möglicherweise rechtswidrig gilt. Das Weiße Haus hat auf Anfrage bislang keine Stellungnahme abgegeben. X Corp. bestätigte den Eingang des Schreibens, wollte sich aber nicht zu dessen Inhalt äußern.

Hinter der Fassade eines administrativen Vorgangs steckt eine Frage von enormer Tragweite:– der Versuch, digitale Spuren zu sichern, bevor sie verschwinden. Denn im Details geht es um eine Frage von historischer Wucht: ob die Regierung, angeführt vom Präsidenten selbst, versucht hat, Politik im Dunkel des Netzes zu betreiben. Der Ausschuss für Aufsicht und Regierungsreform hat seit seiner Gründung 1927 unzählige Skandale untersucht, von Watergate bis zu den Afghanistan-Akten. Doch noch nie ging es um die parallele Kommunikationsstruktur eines amtierenden Präsidenten – und schon gar nicht um ein System, das auf einer privaten Social-Media-Plattform basiert.

Dass die Untersuchung bereits offiziell läuft, ist ein entscheidender Punkt. Sie wurde nicht beantragt, sie wurde eingeleitet. Das unterscheidet diesen Fall von Routineanfragen, wie sie im Kongress üblich sind. Er ist Teil einer aktiven Untersuchung, die bereits mehrere Dutzend Mitarbeiter befasst. Was die Ermittler jetzt prüfen, ist nichts Geringeres als die digitale Architektur des Missbrauchs im Weißen Haus. Und das Ergebnis könnte weit über Trumps Amtszeit hinausreichen. Wenn sich bestätigt, dass Regierungsentscheidungen über private Nachrichtenkanäle getroffen oder verschleiert wurden, wäre das ein Präzedenzfall – eine juristische und politische Zäsur.

Am Ende des Schreibens heißt es schlicht: „Wir erwarten eine vollständige Kooperation und den Erhalt sämtlicher Beweismittel.“

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