Mitten im flirrenden Sumpf der Everglades, wo Mücken dichter fliegen als der Morgennebel und Alligatoren zwischen Schilfbänken lauern, hat nun offiziell der Betrieb eines Ortes begonnen, den manche bereits als Sinnbild eines neuen Amerika bezeichnen: „Alligator Alcatraz“, das erste Abschiebelager auf US-Boden, das mehr einer Warnung gleicht als einer staatlichen Einrichtung. Am 3. Juli 2025 trafen dort die ersten Gefangenen ein – Menschen ohne gültige Papiere, von der Polizei in Florida aufgegriffen und ohne richterlichen Beschluss interniert. „Es sind Menschen dort“, bestätigte Jae Williams, Sprecher des republikanischen Generalstaatsanwalts James Uthmeier, ohne weitere Details zu nennen. Weder die genaue Anzahl der Insassen noch deren Ankunftszeit wurde mitgeteilt. Uthmeier selbst, der als geistiger Vater des Lagers gilt, schrieb auf der Plattform X: „Nächster Halt: Zurück dorthin, wo sie herkommen.“ Ein Satz, der in seiner Kälte fast wie aus einer anderen Zeit wirkt – oder aus einem düsteren Roman. Das Lager, errichtet auf dem Gelände eines ehemaligen Ausbildungsflugplatzes, wurde in nur acht Tagen aus dem Boden gestampft. 3.000 Menschen sollen dort zunächst Platz finden, später bis zu 5.000. Ausgestattet ist es mit mehr als 200 Überwachungskameras, über 8.500 Metern Stacheldraht und 400 Sicherheitskräften. Die Gefangenen werden auf Grundlage des umstrittenen „287(g)-Programms“ interniert – einer Vereinbarung zwischen Bundesbehörden und lokaler Polizei, die es erlaubt, Migrant:innen ohne Gerichtsbeschluss festzuhalten und direkt an ICE zu übergeben. Wer in Florida bei einer Verkehrskontrolle auffällt, landet nun nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern im Sumpflager. Willkommen in Trumps Amerika.
Gouverneur Ron DeSantis und seine Verbündeten verkaufen die Wahl des Ortes als Teil des Konzepts: fernab der Städte, in einer Region voller Sümpfe, Mücken und tropischer Stürme, soll das Lager abschrecken. Der Name „Alligator Alcatraz“, angelehnt an das berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis vor San Francisco, ist nicht nur zynisch – er ist eine Botschaft: Wer kommt, wird leiden. Wer bleibt, wird gebrochen. Der Ort soll Menschen davon abhalten, überhaupt erst zu fliehen – sei es vor Gewalt, Armut oder politischer Verfolgung. Das Ziel ist nicht Integration, sondern Einschüchterung. Doch schon jetzt regt sich Widerstand. Umweltverbände und indigene Gemeinschaften haben Klagen eingereicht. Das Lager liege nicht nur auf heiligem Stammesland, es gefährde auch das empfindliche Ökosystem der Everglades. „Die Hitze, die Insekten, die Überschwemmungsgefahr – das ist kein Ort für Menschen“, heißt es in einer Stellungnahme des Seminole-Stammes. Und tatsächlich: Beim Eröffnungsbesuch von Präsident Donald Trump am Dienstag lief Regenwasser in mehrere Zelte, die Böden waren aufgeweicht, Plastikplanen flatterten im Sturm. Die Behörden versichern, das Lager halte einem Hurrikan der Kategorie 2 stand – das entspricht Windgeschwindigkeiten von bis zu 177 km/h. Doch bereits ein gewöhnlicher Sommerregen hat gereicht, um Teile der Anlage unter Wasser zu setzen.
Inzwischen wird das Lager von der republikanischen Partei Floridas vermarktet wie ein Freizeitpark. Auf konservativen Sendern kursieren Grafiken mit Alligatoren in ICE-Kappen, die das Lager „bewachen“. Es gibt T-Shirts mit dem Aufdruck „Alligator Alcatraz“, Bierkühler mit Lager-Logo, Memes mit dem Spruch „Komm rein – wir schicken dich zurück“. Der Rechtsstaat, so scheint es, ist längst zur Marketingkulisse verkommen. Was hier in den Sümpfen Floridas entsteht, ist nicht nur ein weiterer Mosaikstein in Trumps Einwanderungspolitik. Es ist ein Bruch mit zivilisatorischen Grundprinzipien. Ein Lager, das mehr dem Zweck der Einschüchterung dient als der Rechtsdurchsetzung. Eine Kulisse der Angst, errichtet in einer Landschaft, die sich wehrt – ökologisch, kulturell, politisch. Die Alligatoren mögen schweigen. Doch der Sumpf spricht – und mit ihm ein Land, das sich immer weiter von seinen demokratischen Idealen entfernt.





Wie krank geht das noch? Deutschland in schlimmsten Zeiten.
Man will es kaum noch glauben.