Ein Urteil gegen die Angst – Trumps Abschiebeflüge gestoppt

VonRainer Hofmann

März 26, 2025

Es war ein kalter, juristischer Schlag gegen eine Regierung, die in den letzten Monaten jedes Gesetz, jedes Prinzip und jede Menschlichkeit unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit zu instrumentalisieren versuchte.

Doch am Mittwoch setzte das Berufungsgericht des District of Columbia Circuit ein Zeichen, und ließ eine Tür zur Rechtsstaatlichkeit einen Spalt weit offen.

In einer Entscheidung, deren Tragweite weit über die juristischen Argumente hinausreicht, verweigerte das Gericht dem Weißen Haus unter Präsident Donald Trump die Aufhebung einer Verfügung, die Abschiebungen venezolanischer Migrant*innen unter Berufung auf das sogenannte Alien Enemies Act von 1798 untersagt. Es war das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass dieses antike Gesetz zum Einsatz kam, und es diente nicht der Gerechtigkeit, sondern der Machtdemonstration.

Trumps Regierung hatte Hunderte Menschen – viele davon Asylsuchende – in das vermeintlich sichere El Salvador deportieren wollen, mit der Begründung, sie seien Teil eines „invasiven Feindes“, konkret: der Gang Tren de Aragua. Die Argumentation wirkte wie aus einem dystopischen Drehbuch: Eine ganze Bevölkerungsgruppe wurde unter Generalverdacht gestellt und per Präsidenten-Dekret zur Bedrohung erklärt.

Doch Richter James Boasberg, ein Name, der inzwischen für institutionellen Widerstand gegen rechtliche Entgrenzung steht, ordnete Mitte März nicht nur ein vorläufiges Abschiebestopp an. Er ging weiter: Flugzeuge voller abgeschobener Venezolaner*innen sollten zurück in die USA gebracht werden.

Die Regierung folgte der Anordnung nicht. Was folgte, war ein Showdown – institutionell, politisch, moralisch.

Die American Civil Liberties Union (ACLU) hatte im Namen von fünf in Texas inhaftierten Venezolanern geklagt. Was juristisch als Fall begann, entwickelte sich schnell zu einem Symbol: Wer entscheidet in der Demokratie über Recht und Unrecht? Ein Präsident mit Dekret oder ein Gericht mit Gesetz?

Richter James Boasberg stellte klar: Wer abgeschoben werden soll, muss auch die Möglichkeit haben, sich gegen die Einstufung als mutmaßliches Bandenmitglied zu wehren. Es sei im öffentlichen Interesse, so Boasberg, irrtümliche Abschiebungen zu verhindern – vor allem, wenn sie auf Kategorien beruhen, gegen die sich Betroffene nicht zur Wehr setzen können.

Über die Berufung entschied ein dreiköpfiges Richtergremium: Patricia Millett, nominiert von Präsident Obama, Justin Walker, ein Trump-Richter aus dem Jahr 2020, sowie Karen LeCraft Henderson, die bereits unter George H. W. Bush auf die Bank kam. Ein politisch gemischtes Trio, mit einem klaren Urteil.

Mit dem Urteil des Berufungsgerichts steht fest: Trumps Versuch, das Migrationsrecht in ein Exekutivwerkzeug zu verwandeln, ist, zumindest vorerst, gescheitert. Die Abschiebeflüge, perfide inszeniert als patriotischer Akt, entlarven sich als das, was sie sind: ein Angriff auf das Völkerrecht, die Verfassung und die Würde.

In Trump zeigt sich hier das Wesen autoritärer Rhetorik: Er spricht von Sicherheit und meint Kontrolle. Er spricht von Gefahr und meint Rassismus. Er spricht von Recht, und meint Diktatur. Doch inmitten dieser Kulisse aus Angst, Macht und Propaganda bleibt die Justiz ein Ort, an dem, gelegentlich, das Menschliche über das Machthafte triumphiert.

Es war kein endgültiger Sieg. Aber ein Urteil gegen die Angst. Und das ist, in diesen Tagen, nicht wenig.

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