Es war ein Montagmorgen, an dem sich das Tempo der Nachrichten plötzlich verdichtete – erst mit einem nüchternen Dekret auf der Website des Kreml, dann mit einer Eilmeldung aus einem Vorort von Moskau. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte seinen Verkehrsminister Roman Starowoit entlassen. Nur wenige Stunden später war Starowoit tot. Erschossen. In einem Auto. In Odinzowo, westlich der Hauptstadt. Die Ermittler sprechen von Selbstmord. Doch der Fall wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet – über Schuld, Loyalität und den tödlichen Preis politischer Gnade im autoritären Russland.
Starowoit, 51, war kein Neuling in Putins Machtapparat. Bevor er im Mai 2024 zum Minister ernannt wurde, führte er als Gouverneur die russische Grenzregion Kursk – jenen Landstrich, der in den vergangenen Monaten immer wieder Ziel ukrainischer Angriffe war. Schon während seiner Amtszeit gab es Kritik an unzureichenden Verteidigungsmaßnahmen, nach seinem Wechsel ins Verkehrsressort wurde es stiller um ihn. Bis jetzt. Denn wie mehrere russische Medien berichten – darunter das staatsnahe „Vesti“ und das unabhängige Wirtschaftsportal RBC –, soll Starowoit in ein laufendes Ermittlungsverfahren wegen Veruntreuung staatlicher Gelder verwickelt gewesen sein. Es geht um Milliarden, die für Befestigungsanlagen entlang der Grenze vorgesehen waren. Und offenbar um die Aussicht auf eine baldige Verhaftung. Dass Putins Sprecher Dmitri Peskow auf Nachfrage erklärte, die Entlassung habe „nichts mit Vertrauensverlust“ zu tun, wirkt im Rückblick beinahe zynisch. Denn wenn in Moskau jemand sagt, es gehe nicht um Vertrauen, dann geht es meist um genau das – oder um einen Skandal, der unterhalb der offiziellen Erklärungslinie schwelt. Ein Skandal, in dem Starowoit womöglich mehr war als ein bloßes Rädchen im System: ein Bauernopfer, das zu spät merkte, dass es geopfert werden sollte.
Die Umstände seines Todes sind düster. Die Ermittler fanden Starowoits Leiche in einem Fahrzeug. Eine Schusswunde. Keine Zeugen. Keine offizielle Waffe. Nur die Mitteilung, man gehe „überwiegend von Suizid“ aus. Währenddessen gerät Russland selbst an diesem Tag erneut ins Wanken. Mehr als 485 Flüge wurden landesweit annulliert, 88 umgeleitet, fast 2000 verspätet. Die Luftfahrtbehörde spricht nebulös von „externer Einwirkung“. Das Verteidigungsministerium behauptet, über 400 ukrainische Raketen und Drohnen seien abgefangen worden. Und während die staatlichen Systeme taumeln, fallen neue Bomben auf ukrainische Städte. In Charkiw trifft es eine Schule, ein Wohnhaus, ein Einkaufsviertel – zwölf Tote, darunter Kinder. Fast hundert Verletzte. In diesem verzweigten Szenario wirkt der Tod eines Ministers wie ein dunkler Fußnotenmoment. Doch das wäre zu kurz gegriffen. Denn Starowoit steht nicht nur für das stille Ende einer politischen Laufbahn – er steht für die Kälte eines Systems, das seine Funktionäre benutzt, verbraucht und fallenlässt. Seine Vorgeschichte ist markant: Bereits sein Amtsvorgänger als Gouverneur von Kursk, Alexei Smirnow, wurde im April im Zusammenhang mit denselben Vorwürfen festgenommen. Auch das ist ein Muster: Wer zu nah an der Schwäche des Regimes rührt, stirbt politisch – oder körperlich.
Russland, das war immer auch das Reich der Metaphern. Und so lässt sich in Starowoits Tod mehr erkennen als einen Suizid nach Karriereende. Vielleicht war es ein Akt der Verzweiflung. Vielleicht ein letzter Fluchtversuch. Vielleicht aber auch nur das Echo eines Systems, in dem Macht keine Gnade kennt – und Rückzug nie vorgesehen ist. Ein Mann ist tot. Die offizielle Erklärung steht. Doch in Russland, das wissen alle, beginnt die Wahrheit oft erst jenseits des Papiers. Und dieser Montagmorgen wird nicht der letzte Tag gewesen sein, an dem jemand in Putins Umgebung plötzlich verschwindet.
Fensterstürze, Vergiftungen und angeblicher Suizid ….. so hat es Russland schon immer „gelöst“.
Mal sehen, wann Tru*** seinem Vorbild diesbezüglich folgt