Es ist ein Dokument, das auf den ersten Blick amtlich wirkt – nüchtern, fast bürokratisch in seiner Sprache. Doch wer genauer hinsieht, erkennt eine tektonische Verschiebung: Donald J. Trump, 45. und 47. Präsident der Vereinigten Staaten, zieht als Kläger vor das Bundesgericht in Miami – nicht etwa vertreten durch eine mächtige Anwaltskanzlei, sondern „pro se“, in eigener Sache. Der Gegner: Dow Jones & Company, News Corporation, Keith Rupert Murdoch persönlich. Der Vorwurf: Verleumdung, Diffamierung, Angriff.

Man könnte versucht sein, diesen Akt als eine weitere Episode im medialen Schachspiel zwischen Trump und der vierten Gewalt zu deuten – als eine Fortsetzung jenes endlosen Kampfes um Deutungshoheit, bei dem Nachrichten nicht berichtet, sondern bewertet, und Wahrheiten nicht entdeckt, sondern behauptet werden. Doch dieser Fall, eingereicht am 18. Juli 2025 unter dem Aktenzeichen 1:25-cv-23229 im Southern District of Florida, ist mehr als das. Er ist eine Machtdemonstration. Und eine Offenbarung. Trump klagt nicht gegen ein Medium – er klagt gegen eine Struktur. Gegen das Imperium, das Rupert Murdoch über Jahrzehnte errichtet hat, mit dem Wall Street Journal als ökonomisch-konservativem Flaggschiff, FOX News als Sprachrohr für die Wut, und zahllosen Redaktionen als Echo seiner strategischen Interessen. Dass sich Trump nun explizit auf „libel“ und „assault“ – also Verleumdung und Angriff – beruft, ist kein Zufall. Es ist ein politischer Schachzug mit juristischem Mittel. Die Tatsache, dass Trump sich selbst vertritt, ohne Anwalt, ohne Kanzlei – mag zunächst als Eitelkeit erscheinen. Doch in Wahrheit ist sie ein kalkulierter Akt der Inszenierung: Ein Präsident, der sich allein gegen die Medien stellt. Ein Mann, der gegen ein ganzes Netzwerk zu Felde zieht, mit nichts als seiner Stimme, seiner Wut – und einem blauen Formular aus dem CM/ECF-System des Bundesgerichtshofs.


Was diese Klage so besonders macht, ist nicht nur das politische Gewicht ihres Urhebers, sondern die explosive Natur ihrer Details. Die Klageschrift, die uns vorliegt, umfasst 18 Seiten und zitiert wörtlich jene Passagen aus dem beanstandeten Artikel, die Trump als „per se“ verleumderisch einstuft: Es geht um einen angeblichen Geburtstagsbrief an Jeffrey Epstein, in dem Trumps Name unter die mit dicken Markern gezeichneten Brüste einer nackten Frau gesetzt worden sein soll – an eine Stelle, die Schamhaare andeuten solle. Trump spricht von „böswilliger Absicht“ und „vorsätzlicher Irreführung“. Die Autoren des Artikels, Khadeja Safdar und Joseph Palazzolo, hätten laut Klageschrift die angebliche Zeichnung nie beigefügt, keinen Beweis für deren Echtheit geliefert, und zudem behauptet, Trump habe den Text selbst verfasst und unterzeichnet – alles „als Tatsache dargestellt“, ohne Beleg. Besonders deutlich wird Trumps Anwaltsschreiben auf Seite 9: Der wahre Grund für diese Versäumnisse sei, dass es einen solchen Brief oder eine solche Zeichnung gar nicht gebe. Die Beklagten hätten absichtlich darauf abgezielt, „Präsident Trumps Charakter und Integrität zu schädigen und ihn in ein falsches Licht zu rücken.“ Dass sich der Präsident in dieser Form gegen eine der einflussreichsten Mediengruppen der Welt zur Wehr setzt, ist nicht nur juristisch bemerkenswert – es ist auch ein Zeichen für die Eskalation eines Konflikts, der längst über die Grenzen des Journalismus hinausweist.
Was nun folgt, ist mehr als ein Gerichtsverfahren. Es ist ein politisches Theaterstück mit ungewissem Ausgang. Wird das Gericht die Klage überhaupt zur Verhandlung zulassen? Wird sich Murdoch auf einen Vergleich einlassen – oder antwortet er mit einer Gegenoffensive? Und wird das alles Teil einer größeren Kampagne, mit der Trump im Wahljahr 2026 seine alten Feinde erneut zur Projektionsfläche einer gespaltenen Nation macht? Die Formulierung „Happy Birthday – und wir sehen uns bald wieder“ aus dem angeblich zitierten Brief klingt im Rückblick wie ein Echo, das jetzt – zwei Jahrzehnte später – durch den Gerichtssaal hallt. Was bleibt, ist ein Bild. Kein Foto, sondern ein Moment: Ein ehemaliger Präsident, der mit fester Hand seinen eigenen Namen unter eine Klage setzt. Gegen jene, die ihn groß gemacht haben – und dann fallen ließen. Gegen ein System, das er selbst genährt, gefürchtet und verachtet hat. Gegen Rupert Murdoch, den König der Schlagzeilen. Es ist ein Duell auf offener Bühne. Mit Worten als Waffen. Und der Wahrheit als Preis.
Das Lehrbuch der Autokraten und Diktatoren.
Machen die freien Medien mundtot.
Trump macht es noch „besser“.
Er klage in der Hoffnung noch an der Sache Geld zu verdienen.
Auf die Verhandlung freue ich mich jetzt schon mit Popcorn, Starbucks und jeder Menge gute Laune