Donald Trump hat es wieder getan – einen Deal verkündet, der wie eine Einigung klingt, in Wahrheit jedoch eine weitreichende Verteuerung bedeutet. Im schottischen Turnberry, auf einem seiner Golfplätze, traf der US-Präsident die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Heraus kam ein Handelsabkommen, das eine Eskalation vermeidet, aber für Unternehmen wie Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks bittere Konsequenzen nach sich zieht. Statt der von Trump angedrohten 30-Prozent-Zölle auf europäische Waren einigte man sich auf 15 Prozent – ein scheinbares Entgegenkommen, das in Wahrheit ein drastischer Bruch mit der bisherigen Handelsordnung ist. Der neue Zollsatz gilt für „die große Mehrheit“ europäischer Exporte in die USA: darunter Automobile, Halbleiter, Pharmazeutika. Im Gegenzug entfallen Zölle auf einige ausgewählte „strategische“ Güter – darunter Flugzeugteile, bestimmte Chemikalien, Ausrüstung für die Halbleiterproduktion, einige Agrarerzeugnisse und Rohstoffe. Welche genau, ließ die Kommissionspräsidentin offen. Auch über den Umfang der Zollfreiheit für diese Kategorien herrscht bisher Unklarheit. Und das ist bezeichnend: Denn auch wenn Trump und von der Leyen am Sonntag eine Einigung präsentierten, ist vieles an diesem Deal noch nicht ausverhandelt – ein leerer Rahmen, der von beiden Seiten mit politischem Kalkül verkauft wird.
Dabei war die Drohkulisse nicht gering. Trump hatte Zölle von bis zu 50 Prozent ins Spiel gebracht, als Druckmittel gegen Brüssel. Dass nun „nur“ 15 Prozent auf die meisten europäischen Güter erhoben werden, wird in Washington als Erfolg verkauft – in Wahrheit bedeutet es einen massiven Bruch mit jahrzehntelang geltenden Handelsregeln. Vor Trump lag der durchschnittliche US-Zollsatz gegenüber EU-Waren bei etwa 1 Prozent. Mit dem neuen Abkommen wird er auf das Fünfzehnfache erhöht – eine Maßnahme, die unmittelbar Auswirkungen auf Preise, Unternehmensgewinne und Wirtschaftswachstum haben dürfte. Von der Leyen betonte, die Einigung sei „das Beste, was wir erreichen konnten“. Tatsächlich war der Druck enorm: Der europäische Wirtschaftsblock sah sich gezwungen, im Gegenzug zur Zollsenkung massive Konzessionen zu machen. So will die EU künftig Energieimporte im Wert von 750 Milliarden Dollar aus den USA tätigen – darunter Flüssiggas, Öl und sogar Nuklearbrennstoff. Parallel sollen europäische Investitionen in die US-Wirtschaft um weitere 600 Milliarden Dollar steigen. Wie diese Summen genau zustande kommen sollen, blieb offen. Die Kommissionspräsidentin vermied es, Details zu nennen – ebenso wie bei der Frage, welche landwirtschaftlichen Produkte genau von der Zollsenkung profitieren. Klar ist hingegen: Der Preis für die Deeskalation ist hoch.
Für die europäische Industrie bedeuten die neuen Regelungen eine massive Belastung. Besonders betroffen: die Automobilbranche. Zwar liegt der neue Zollsatz von 15 Prozent unter dem bisherigen Effektivsatz von 27,5 Prozent (eine Kombination aus Trumps 25-Prozent-Strafzoll und dem regulären 2,5-Prozent-Zoll), doch auch 15 Prozent sind weit entfernt vom Freihandel. Volkswagen bezifferte den Gewinnverlust allein im ersten Halbjahr auf 1,3 Milliarden Euro. Mercedes-Benz, das rund ein Drittel seiner US-Verkäufe in Alabama produziert und somit einen teilweisen Schutz genießt, rechnet dennoch mit deutlichen Preisanstiegen in den kommenden Jahren. Zwar hält man sich bei den 2025er-Modellen vorerst zurück – doch das Signal ist klar: Die Ära des günstigen Imports ist vorbei. Viele Kommentatoren in deutschen Medien feiern das Abkommen bereits als klare Entscheidung – als sei nun ein belastbares neues Handelsregime geschaffen worden. Dabei übersehen sie, dass der Deal bislang kaum über vage Eckpunkte hinausgeht. Von einem „15-Prozent-Zoll auf alles“ zu sprechen, wie es einige Berichte suggerieren, ist irreführend: Ausgenommen sind unter anderem Flugzeugteile, bestimmte Chemikalien, Rohstoffe und ausgewählte Agrarprodukte, über deren genaue Klassifikation erst noch verhandelt wird. Auch bei Stahl und Aluminium, auf die weiterhin 50 Prozent Zoll gelten, ist die Angelegenheit keineswegs abgeschlossen – vielmehr wurde ein Verhandlungsrahmen über Quoten und marktverzerrende Überkapazitäten vereinbart, dessen Ergebnis offen ist.
Auch die Deutung, Trump habe es ausschließlich auf neue Staatseinnahmen abgesehen, greift zu kurz. So unbestritten seine fiskalischen Motive sind – insbesondere angesichts des US-Haushaltsdefizits – so spielt doch auch seine industriepolitische Agenda eine Rolle: die forcierte Rückverlagerung von Schlüsselindustrien, die gezielte Schwächung chinesischer Zulieferketten und der Versuch, geopolitisch abhängige Rohstoffpartnerschaften neu zu justieren. Und schließlich geht auch die verbreitete Annahme fehl, die europäischen Unternehmen würden die neuen Zölle einfach an amerikanische Verbraucher durchreichen. In manchen Sektoren mag das funktionieren – in anderen, etwa bei margenschwachen Zulieferprodukten oder hart umkämpften Konsumgütern, wird die Verteuerung teils aus den Unternehmensgewinnen kompensiert werden müssen. Wer glaubt, dass dieser Deal ohne ökonomische Reibungsverluste bleibt, hat ihn nicht verstanden – oder schlicht zu schnell kommentiert. Trump seinerseits verteidigte den Deal mit dem Hinweis auf das anhaltende Handelsdefizit der USA gegenüber Europa. 198 Milliarden Euro betrug der EU-Überschuss im Warenhandel zuletzt. Dass US-Firmen in Bereichen wie Cloud-Dienste, Finanztransaktionen oder Reisedienstleistungen überproportional profitieren, blendet der Präsident dabei gerne aus – ebenso die Tatsache, dass rund ein Drittel aller EU-Importe von US-eigenen Tochterfirmen stammt. Der Kampfbegriff „unfairer Handel“ bleibt trotzdem Trumps Lieblingsinstrument – ein rhetorisches Dauerfeuer, mit dem er transatlantische Spannungen verschärft, statt Partnerschaft zu fördern.
Die Reaktionen aus Europa schwanken zwischen Erleichterung und Besorgnis. Der deutsche Kanzler Friedrich Merz lobte die Vermeidung einer Eskalation, sprach von der Bewahrung „zentraler Interessen“, zeigte sich aber auch enttäuscht: Er hätte sich „mehr Entlastung im transatlantischen Handel gewünscht“. Noch deutlicher wurde der Bundesverband der Deutschen Industrie: „Selbst ein Zollsatz von 15 Prozent wird die exportorientierte deutsche Industrie massiv treffen“, so BDI-Vorstand Wolfgang Niedermark. Die Unsicherheit über die konkreten Regelungen erschwert zusätzlich die Planung für global agierende Konzerne. Denn der Knackpunkt ist: Noch gibt es kein ausformuliertes Vertragswerk. Alles, was am Sonntag präsentiert wurde, basiert auf Absichtserklärungen – verbal, symbolisch, politisch aufgeladen. Doch bis konkrete Rechtsverbindlichkeiten greifen, können Wochen oder Monate vergehen. Ökonomen warnen bereits vor erneuter Unsicherheit. Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, sprach zwar von einem „Ende der größten Risiken“, wies aber darauf hin, dass „noch nichts auf dem Papier steht“. Und bis das der Fall ist, bleibt auch die Gefahr eines erneuten Aufflammens des Handelskonflikts bestehen. Eines jedoch ist jetzt schon sicher: Der Preis für diesen Deal wird nicht nur in Brüssel gezahlt, sondern in Supermärkten und Autohäusern in Atlanta, Paris und Stuttgart. Unternehmen werden gezwungen sein, die Zusatzkosten entweder auf Kunden umzulegen oder eigene Gewinne zu schmälern. In einer global ohnehin fragilen Wirtschaftslage ist beides ein Rückschlag – auch für das Vertrauen in die transatlantische Zusammenarbeit. Was einst als Leuchtturm wirtschaftlicher Kooperation galt, ist nun ein fragiles Gefüge aus Kompromissen, Druckmitteln und nationalem Kalkül. Die große Frage bleibt: Wie lange hält es?
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Ich ahne es.
Die EU knickt ein.
Deeskalation ist wichtiger als Stärke zu zeigen und Trump entschlossen entgegen zu treten.
Stattdessen soll in den USA investiert werden.
Einem Land, dass in einen autokratischen Faschismus abgeglitten ist.
Hätten die Länder mit Hitler 1937 solch Deal abgeschlossen?
Sicher nicht.
Aber hier ist boch nicht angekommen, dass die USA, wie wir sie seit dem 2. Weltkrieg kennen nicht mehr existieren.
Die USA sind kein verlässlicher Partner.
Trump entscheidet.
Wenn ihm morgen was nicht passt, wird er wieder drohen und den „Deal“ platen lassen.
Und das hängt schon mit dem Diktat „Abschaffung der DEI Programme“ an.
T mobile USA ist eingekbickt um eine Fusion Genehmigung zu bekommen.
Und mit Investitionen in den USA, geltenden zuSA Gesetzen hat Trump massiv die Hand drauf.
Europa verkauft seine Moral.
Anstatt sich endlich darum zu bemûhen neue Handelspartner zu finden, sich unabhängig zu machen.
Stattdessen „pflegt“ man doe doch so großartige transatlantischen Beziehungen.
Zu Kreuze kriechen passt besser.
Es wird nicht besser, je länger Trump und Konsorten regieren.
Sogar bei Ntv ist angekommen, dass das kein Deal ist
https://www.n-tv.de/wirtschaft/kommentare/Das-ist-kein-Deal-das-ist-Unterwerfung-article25929652.html
Wer solche „Freunde“ hat, braucht keine Feinde.
Ein lose-lose auf beiden Seiten. Die Europäer werden Marge und Menge am Export verlieren, und nebenbei den Green Deal beerdigen, wenn tatsächlich so viel fossile Energieimporte getätigt und auch verbraucht werden sollen.
Die Amerikaner werden höhere Preise zahlen müssen für Produkte, die sie selber gar nicht herstellen können oder dürfen- Patentrecht z.B. bei Pharma- was deren Inflation und damit die Zinsen treiben wird, die Trump doch so gerne gesenkt sehen würde. Das versteht der halt nicht, dass er sich da selber in den Fuß schießt.
Mal sehen, wie der Deal dann endgültig aussehen wird, wenn die Detailles verhandelt sind.
Ach so, dass mit 15% auf europäische Autos und -teile ist gar nicht so wild. Die USA importieren da auch etliches aus Mexico und Canada, und da liegen satte 25% Zoll drauf. Da kann es sein, dass europäische Importautos trotz Preiserhöhung günstiger rauskommen als die amerikanischen. Teilweise gehen die Baugruppen mehrmals über die Grenzen, bevor sie in einem Werk in den USA oder Mexico zusammengesetzt werden, was den Effekt der 25% Zoll noch verstärkt. Für komplette Autos und -Teile aus Europa fällt der Zoll nur einmal an.