Ein Abschied mit Nachhall – Warum die Entlassung von Maurene Comey die Epstein-Akten neu entzündet

VonRainer Hofmann

Juli 17, 2025

Es war ein Schnitt, der mehr war als ein Personalvorgang. Mitten in einem eskalierenden Streit um die Aufarbeitung des Epstein-Komplexes hat die Trump-Regierung am Mittwoch eine prominente Staatsanwältin gefeuert – ohne Begründung, aber mit maximaler Wirkung. Maurene Comey, Tochter des ehemaligen FBI-Direktors James Comey und zentrale Figur in den Verfahren gegen Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell, wurde aus dem Justizdienst entlassen. Ein Brief, ein Verweis auf Artikel II der Verfassung – und ein Signal, das tiefer trifft als jede Presseerklärung. Offiziell schweigen das Weiße Haus wie auch das Southern District of New York. Doch inoffiziell fragen sich selbst konservative Beobachter: Warum jetzt? Und warum sie? Denn Comey hatte nicht nur die Verfahren gegen Epstein und Maxwell juristisch mitgestaltet – sie war zuletzt auch eine der letzten Stimmen im Justizapparat, die sich gegen eine Freigabe sensibler Ermittlungsunterlagen ausgesprochen hatte. Politico hatte erst zwei Tage vor ihrer Entlassung daran erinnert, dass sie 2024 argumentierte, eine Veröffentlichung könne Zeugen gefährden, sie bloßstellen oder zu Einschüchterung führen. In Verfahren, die sexuellen Missbrauch an Minderjährigen betreffen, ist diese Haltung nicht nur üblich – sie ist rechtsstaatlich geboten. Doch offenbar reicht das nicht mehr in einem Klima, in dem jede juristische Entscheidung politisch gewertet wird. In den letzten Tagen war es vor allem Donald Trump selbst, der die Eskalationsspirale angetrieben hatte. Erst behauptete er, die „Epstein-Akten“ seien ein Konstrukt seiner Gegner – konkret nannte er James Comey, Barack Obama und Joe Biden. Dann erklärte er öffentlich, er verstehe das Interesse an Epstein nicht: „Der ist doch schon lange tot. Hat doch nie eine Rolle gespielt im Leben.“ Für viele seiner Anhänger, die seit Jahren eine umfassende Offenlegung fordern, klang das wie ein Schlag ins Gesicht. Und so ist es die eigene Basis, die nun Druck macht – und eine Regierung, die versucht, den Sturm mit Personalentscheidungen zu besänftigen.

Dass es dabei ausgerechnet Maurene Comey trifft, hat eine doppelte Brisanz. Sie ist nicht nur die Tochter eines Mannes, den Trump öffentlich als „Verräter“ bezeichnet hat – sie ist auch die Staatsanwältin, die das Verfahren gegen Ghislaine Maxwell maßgeblich mitgeführt hat. Maxwell wurde 2021 wegen jahrelangen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt. Epstein selbst hatte sich 2019 im Gefängnis erhängt – unter bis heute umstrittenen Umständen. Seither kreisen Mythen und Mutmaßungen um mögliche Kundenlisten, geheime Deals und unterdrückte Beweise. Das Justizministerium hatte Anfang Juli ein Memo veröffentlicht, in dem es heißt, eine „Epstein-Kundenliste“ existiere nicht. Der Fall sei abgeschlossen, Epstein habe sich das Leben genommen. Doch statt Ruhe zu bringen, sorgte das Papier für offenen Aufruhr – sogar innerhalb von Trumps Kernwählerschaft. In diesem Klima wurde Maurene Comey zur Projektionsfläche – und möglicherweise zum Bauernopfer. Ihre Entlassung erfolgt nur wenige Monate, nachdem die Regierung bereits die Korruptionsermittlungen gegen New Yorks Bürgermeister Eric Adams eingestellt hatte. Damals traten mindestens acht Staatsanwälte zurück. Nun trifft es mit Comey eine erfahrene Bundesanwältin, die zuletzt auch in einem anderen brisanten Verfahren aktiv war: dem Prozess gegen Musikmogul Sean Combs, alias Diddy, der Anfang Juli freigesprochen wurde. Dass sie ging, ging schnell. In einem informellen Gespräch mit dem Co-Leiter der Abteilung für öffentliche Korruption informierte sie ihre Kolleg:innen über ihre Entlassung – so berichten es mehrere mit der Sache vertraute Personen. Die Art, wie diese Mitteilung erfolgte, passt ins Bild: keine Würdigung, kein Dank, kein Übergang. Nur Stille.

Dabei ist es gerade diese Stille, die nun laut wird. Denn die Frage, ob Maurene Comey wegen ihrer Rolle in einem der brisantesten Justizkomplexe der letzten Jahrzehnte entlassen wurde, steht weiter im Raum. Auch wenn es offiziell heißt, es gebe keinen Zusammenhang mit Epstein – der Zeitpunkt spricht eine andere Sprache. Und die Geschichte auch. Denn 2017 hatte das FBI im selben Justizbezirk eine Klage nach dem Freedom of Information Act abgewehrt – die Herausgabe von Dokumenten rund um Epstein wurde mit Hinweis auf mögliche Schaden für künftige Verfahren abgelehnt. Es war Maurene Comey, die das damals mit einem Eid begründete. Heute ist diese Stimme verstummt. Aber die Fragen, die sie aufgeworfen hat – über Transparenz, Rechtsschutz und politische Einflussnahme – stehen lauter im Raum als je zuvor. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum sie gehen musste. Denn eines ist offensichtlich: Donald Trump hat in den letzten Wochen die Kontrolle über das Narrativ verloren. Die Medien bohren, seine Anhänger murren, und jede neue Reaktion aus dem Weißen Haus wirkt wie ein Reflex aus Angst. Angst vor dem, was noch kommen könnte. Angst davor, dass die Epstein-Akten – ob real oder nicht – längst mehr geworden sind als ein Skandal: ein Schwachpunkt, den andere jetzt gefunden haben.

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Ela Gatto
Ela Gatto
2 Monate zuvor

Vielleicht weiß sie zuviel.
Und wenn einem entlassenen Bundesrichter etwas passiert, wirbelt das weit weniger Staub auf, als wenn einer aktiven Bundesrichterin etwas passiert.

Auf jeden Fall hat man sie mundtot gemacht.
Ganz im Stil von Trumps Buddy Putin

Bernhardt Strehler
Bernhardt Strehler
2 Monate zuvor
Reply to  Ela Gatto

Wird wohl so sein, aber ganz schön auffällig ist das.

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