Digitale Sabotage – Wie Trump die Wahrheit von den Farmen fernhalten will

VonRainer Hofmann

Mai 26, 2025

Es ist ein Angriff mit chirurgischer Präzision – und mit ideologischem Skalpell. Was Präsident Donald Trump derzeit mit dem Digital Equity Act anstellt, ist keine gewöhnliche Kürzung. Es ist ein programmierter Rückschritt. Eine digitale Abriegelung. Eine Form der Informationskontrolle, wie sie autoritäre Systeme seit jeher praktizieren: Wer nichts weiß, kann nichts fordern. Wer offline bleibt, bleibt ruhig.

Dabei hätte der Digital Equity Act nichts Geringeres getan, als Amerikas digitale Kluft zu überbrücken. Laptops für Schulkinder in Iowa. Internetzugänge für Senioren in Alabama. Digitale Schulungen für Veteranen. Nachbarschaftsprojekte in North Carolina, die Menschen nach Katastrophen wieder online bringen sollten. Das Gesetz war ein Korrektiv gegen das stille Abgehängtsein – gegen jene unsichtbare Armut, die beginnt, wo das WLAN endet.

Doch Trump will das Programm beenden. Auf Truth Social – seinem selbst geschaffenen Propagandakanal – erklärte er das Gesetz für „rassistisch“, „illegal“ und „woke“. Es sei eine „2,5-Milliarden-Dollar-Verschwendung“, ein Geschenk an Minderheiten. Tatsächlich wurde es mit überparteilicher Zustimmung verabschiedet. In seinem Wortlaut taucht „race“ genau zweimal auf – in einem Satz, der ausdrücklich betont, dass niemand diskriminiert werden dürfe.

Was also ist Trumps wahres Motiv?

Vielleicht genügt ein Blick auf die Landkarte seiner Wählerschaft. Auf die weißen Landstriche, auf die Farmen in Kansas, Nebraska, West Virginia – Orte, wo Funklöcher zum Alltag gehören und Schulaufgaben auf McDonald’s-Parkplätzen erledigt werden. Gerade dort sollte der Digital Equity Act wirken. Gerade dort wäre digitale Teilhabe ein Schritt in Richtung Selbstermächtigung. Und genau das scheint das Problem zu sein.

Denn ein vernetzter Bürger ist ein informierter Bürger. Einer, der vergleichen kann. Der hinterfragen kann. Der die Lüge erkennt – selbst wenn sie in Großbuchstaben daherkommt. Wer Trump zuhört, hört den Zorn. Doch wer ihm glaubt, darf besser nicht googeln, was wirklich im Gesetz steht. Darf besser keinen Zugang haben zu jenen Informationen, die sein Weltbild infrage stellen.

Was hier passiert, ist Zensur durch Infrastrukturverweigerung. Keine Bücherverbrennung, sondern der Entzug der Buchstaben. Kein Sendeverbot, sondern das Kappen der Kabel. Es ist die stille Hoffnung, dass Wahrheit nicht auf dem Land ankommt. Dass die große Lüge Bestand hat, solange der Bildschirm schwarz bleibt.

Angela Siefer, Direktorin der National Digital Inclusion Alliance, bringt es auf den Punkt:

„Wer will denn nicht, dass Oma sicher online ist? Wer will, dass ein Veteran zwei Stunden zum Arzt fahren muss, statt einen Telemedizin-Termin zu bekommen? Wer will, dass Kinder ihre Hausaufgaben nicht machen können?“

Die Antwort: Ein Präsident, der auf Stimmen zählt, aber nicht auf Bildung setzt.

Trump regiert, als sei Unwissen seine beste Strategie. Als sei jeder Hotspot ein potenzieller Kontrollverlust. Als sei jede gelernte Tastenkombination ein kleiner Akt der Befreiung. Seine Entscheidung, das Gesetz zu kippen, ist keine Sparmaßnahme. Sie ist ein ideologischer Amoklauf. Gegen Würde. Gegen Fortschritt. Gegen das Netz – im doppelten Sinne.

Amerika wird nicht durch Mauerbau isoliert. Sondern durch digitale Abriegelung von innen. Und während Trump auf seine „guten Zahlen“ in Iowa blickt, stehen Millionen Amerikaner vor leeren Bildschirmen. Die Diktatur des Nichtwissens nimmt Gestalt an. Und sie beginnt nicht mit Verboten. Sondern mit dem Abschalten der Verbindung.

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