Kaum eine Szene bringt die moralische Schieflage dieser Regierung so deutlich auf den Punkt wie die Schlagzeilen dieser Woche: Das Pentagon nimmt eine private „Spende“ von 130 Millionen Dollar an, um Soldaten während des Shutdowns zu bezahlen. Und Donald Trump erklärt fast gleichzeitig, er wolle 230 Millionen Dollar vom Justizministerium – als Entschädigung für seine eigenen Ermittlungsverfahren –, um sie anschließend „an wohltätige Zwecke“ weiterzureichen. Auf den ersten Blick klingt beides nach Patriotismus, nach einem Präsidenten, der Verantwortung übernimmt. Auf den zweiten zeigt es ein System, in dem sich öffentlicher Dienst und persönliches Kalkül gefährlich überlagern.
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurde die Spende „unter der Bedingung“ angenommen, dass sie zur Deckung der Gehälter und Sozialleistungen der Truppen verwendet wird. Pentagon-Sprecher Sean Parnell bestätigte, dass das Geld helfen solle, den kommenden Soldatensold zu sichern. Bereits in der Vorwoche hatte die Regierung 6,5 Milliarden Dollar aus internen Reserven verschoben, um die letzte Lohnzahlung zu ermöglichen. Nun, da die nächste fällig wird, ist unklar, ob sich dieses Manöver wiederholen lässt. Trump selbst sprach von einem „Freund“, der das Geld angeboten habe, um Engpässe zu überbrücken. Namen nannte er nicht. Unsere Recherchen ergaben, dass die Spende über ein in Delaware registriertes Konsortium lief, dessen Eigentümerstrukturen bislang undurchsichtig bleiben. Nach Informationen aus dem Verteidigungsausschuss wurde das Geld bereits einem Sonderkonto des Pentagon zugeführt – ein Vorgang, der außerhalb des Haushaltsrechts kaum Kontrolle ermöglicht.
Zur selben Zeit inszeniert Trump sich als großzügiger Wohltäter, der die 230 Millionen Dollar, die er vom Justizministerium fordert, selbstverständlich spenden würde. „Ich bin nicht hinter dem Geld her“, sagte er vor Reportern. „Ich würde es für wohltätige Zwecke geben.“ Ein Satz, der wohlklingend ist, aber in Trumps Biografie auf eine lange Reihe gebrochener Zusagen trifft. 2019 löste ein Gericht in New York die Trump Foundation auf – wegen eines „schockierenden Musters von Rechtsverstößen“. Der angeblich gemeinnützige Fonds hatte über Jahre Wahlkampfkosten, Geschäftsinteressen und persönliche Ausgaben des damaligen Kandidaten finanziert. Trump und seine Kinder mussten zwei Millionen Dollar an echte Hilfsorganisationen zahlen.
2022 ein ähnliches Bild: Trumps Einweihungskomitee und die Trump Organization einigten sich auf eine Zahlung von 750 000 Dollar, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft von Washington festgestellt hatte, dass Spendengelder missbraucht worden waren, um die Familie des Präsidenten zu bereichern.

Donald Trump überreicht während einer Wahlkampfveranstaltung am 31. Januar 2016 in Sioux City, Iowa, einen Scheck an Mitglieder der Organisation Support Siouxland Soldiers. Es hatte bei Trump schon immer Methode – das große Versprechen, die öffentliche Geste, der Applaus. Doch was danach blieb, war oft weniger als angekündigt.
Heute nun existiert eine neue Stiftung – offiziell für die geplante Präsidentenbibliothek. Eingetragen im Mai 2025, kontrolliert von Eric Trump, Michael Boulos und einem Anwalt aus Trumps New Yorker Umfeld. Auch hier mischen sich private und öffentliche Interessen. Nach unseren Recherchen versuchte der Bundesstaat Florida zuletzt, ein wertvolles Grundstück in Miami an diese Stiftung zu übertragen – angeblich für die Bibliothek, tatsächlich aber mit integrierten Hotel- und Wohnungskomplexen, die Trump und seiner Familie nützen könnten. Ein Gericht stoppte den Vorgang vorerst.
Zugleich behauptet Trump, überschüssige Mittel aus seiner Einweihungskampagne, Spendenerlöse von Millionendinners und Vergleichszahlungen von Meta, Disney und Paramount seien „für die Bibliothek bestimmt“. Bis heute gibt es keine nachvollziehbaren Belege für eine einzige tatsächliche Überweisung. Selbst das Flugzeug im Wert von 400 Millionen Dollar, das Katar ihm schenkte und das derzeit auf Kosten der Air Force umgerüstet wird, will er irgendwann „für die Bibliothek spenden“. Wer Trumps Vergangenheit kennt, weiß, dass Versprechen in dieser Familie selten mehr sind als Requisiten. Hunderte Klagen von Handwerkern, Dienstleistern und Anwälten belegen, dass Trump selbst in privaten Geschäften kaum Rechnungen beglich. Sein ehemaliger Rechtsanwalt Rudy Giuliani klagte öffentlich, er sei „kaum bezahlt“ worden. Vor diesem Hintergrund wirkt Trumps neuer Gestus des Gebens wie eine rhetorische Täuschung: Er fordert Geld aus öffentlichen Kassen, inszeniert es als Wohltat – und lenkt zugleich den Blick auf sich selbst.
Dass nun auch das Pentagon eine anonyme Spende akzeptiert, während die Regierung gleichzeitig Sozialprogramme kürzt, ist mehr als Symbolpolitik. Es markiert einen Dammbruch. Wenn private Akteure beginnen, Löhne der Streitkräfte zu finanzieren, ist der Staat keine Institution mehr, sondern eine Bühne für Loyalität. Unsere Recherchen zeigen zudem, dass im Verteidigungsministerium juristische Bedenken laut wurden: Der Vorgang könnte gegen die Regeln zur Annahme privater Zuwendungen an Bundesbehörden verstoßen, wie sie im Ethics in Government Act festgelegt sind. Auch das Office of Government Ethics prüft nach unseren Informationen, ob der Vorgang als unzulässiger Einflussversuch zu werten ist – insbesondere, wenn der Spender geschäftliche Interessen im Verteidigungssektor verfolgt.
Was bleibt, ist ein Bild der Ununterscheidbarkeit: Zwischen Spende und Bestechung, zwischen Wohltätigkeit und Eigeninteresse. Trumps Amerika verwandelt Moral in Marketing. Jeder Scheck wird zum Statement, jede Zahlung zur Inszenierung. Das ist keine Großzügigkeit. Es ist Macht in ihrer reinsten Form – und sie kostet, wie alles in diesem System, immer den Staat.
Fortsetzung folgt …
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