Es war eine jener Szenen, in denen sich politische Macht wie eine dünne Folie über das eigentliche Geschehen legt, kaum noch in der Lage, die Wahrheit darunter zu verbergen. In Den Haag, wo Donald Trump als Gast beim NATO-Gipfel mit durchgeschwitztem Sakko und gewohntem Selbstlob auftrat, platzte am Mittwoch jene Bombe, die nicht über Iran niederging, sondern über der Glaubwürdigkeit seiner eigenen Regierung: Zwei seiner engsten Vertrauten – Verteidigungsminister Pete Hegseth und Außenminister Marco Rubio – gaben widerwillig zu, dass eine durchgesickerte Einschätzung des Pentagons zur Iran-Operation echt ist. Und diese Einschätzung sagt etwas völlig anderes, als der Präsident seit Tagen behauptet. Während Donald noch von einer „kompletten und totalen Zerstörung“ iranischer Atomanlagen sprach, dokumentiert das geheime Papier nüchtern: Die Schäden seien punktuell, strukturell begrenzt, strategisch kaum wirksam. Fordow, Natanz und Isfahan – die Namen der Ziele klingen in Donalds Reden wie Symbole des Triumphs. In Wirklichkeit, so der Bericht, stehen viele der angegriffenen Anlagen weiterhin funktionstüchtig. Kein Kollaps, kein Durchbruch, keine historische Mission – allenfalls ein kontrolliertes Fanal mit begrenzter Wirkung.
Doch statt sich dem Widerspruch zu stellen, begannen Hegseth und Rubio eine andere Offensive – eine gegen jene, die das Dokument publik gemacht hatten. Der Verteidigungsminister sprach von einem „Angriff auf die nationale Moral“, Rubio von einem „Sabotageakt während eines internationalen Gipfels“. Und doch: Beide bestätigten die Echtheit. Das Leck sei real. Die Analyse sei operativ korrekt. Nur – und das war ihr letzter Rettungsanker – sei sie unvollständig, vorläufig, nicht geeignet, den Präsidenten zu desavouieren. Donald selbst reagierte wie ein Mann, der das Spiel mit der Wahrheit so oft perfektioniert hat, dass er glaubt, die Realität müsse ihm folgen. Bei seiner Pressekonferenz – wild gestikulierend, mit dem Zeigefinger auf Reporter deutend – behauptete er, der Bericht sei falsch, aber seine Existenz stritt er nicht ab. Stattdessen sagte er, ein Pilot habe ihm persönlich bestätigt, es sei ein „perfekter Bombenabwurf“ gewesen. Man müsse doch bitte den Mut und die Hingabe der amerikanischen Streitkräfte respektieren, nicht kleinreden. Dann wetterte er gegen die Medien, gegen die Undankbarkeit, gegen den Zweifel selbst.
So zerfiel in Den Haag nicht nur das Narrativ vom durchschlagenden Sieg, sondern auch der Schleier eines Präsidenten, der längst nicht mehr zwischen Behauptung und Bilanz unterscheidet. Der eine Realität erschafft, die nur dann gültig ist, wenn sie ihn glänzen lässt – und der jene, die sie widerlegen, als Landesverräter brandmarkt. Was bleibt, ist die Kluft zwischen Macht und Maß. Zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was geschieht. Zwischen einem Präsidenten, der sich selbst mit Helden umgibt, und einer Welt, die längst begonnen hat, an seinen Geschichten zu zweifeln. Die Wahrheit, so scheint es, liegt nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in den Fußnoten der Berichte, die niemand sehen soll. Und vielleicht auch im Schweigen jener, die sie doch längst gelesen haben.

👍