Es beginnt wie eine amerikanische Tragödie, geschrieben nicht in Blut, sondern in ausgelassenen Haushaltspositionen und stillgelegten Förderprogrammen. Auf den weiten Feldern von Pennsylvania, wo einst Hoffnung blühte, liegt nun der Staub aus Trumps zweiter Amtszeit. Fördermittel, die kleinen Farmen halfen, sich gegen die Launen des Klimas zu wappnen, wurden eingefroren – sang- und klanglos, bürokratisch effizient, politisch kalt. Zurück bleiben gebrochene Verträge, arbeitslose Familien und ein lähmender Vertrauensverlust.
Die Organisation Pasa Sustainable Agriculture hatte jahrzehntelang das getan, was Politik selten schafft: Sie hatte Beziehungen aufgebaut, Vertrauen geschaffen, praktische Hilfe organisiert. Als der Klimawandel den Boden austrocknete, als Stürme Zäune und Ernten zerstörten, war es nicht Washington, das half – es war Pasa. Ihre Förderprojekte reichten vom Anlegen widerstandsfähiger Weiden bis hin zu Wasserleitungen für urbane Gärten in Pittsburgh. Es ging nicht nur um Landwirtschaft. Es ging um Zukunft. Doch mit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus kam der Stillstand. Kein Geld. Keine Antworten. Kein Plan.
Ein beispielloser Vertrauensbruch
Ebony Lunsford-Evans von 1 Sound Farm beschreibt es mit einem Satz, der alles sagt:
„Ich habe geweint – ich war wütend.“
Was bleibt einer Farmerin, wenn ihr Projekt – sorgfältig geplant, mit Krediten unterfüttert, lokal verankert – binnen Tagen entwertet wird? Wenn Bundesverträge, einst Garantien, plötzlich das Papier nicht mehr wert sind, auf dem sie stehen?
60 Menschen bei Pasa verloren ihren Job. Menschen mit Träumen, mit frisch unterschriebenen Hypotheken, mit Neugeborenen im Arm. Nicht, weil das Projekt scheiterte, sondern weil eine Regierung entschied, dass ländliche Klimaförderung nicht mehr opportun sei – obwohl sie gebraucht wird wie nie.
Dabei ist der Bruch nicht nur ökonomisch – er ist moralisch. Dieselbe Regierung, die nun klimagerechte Landwirtschaft sabotiert, hat in den ersten Monaten bereits die Pläne für neue milliardenschwere Farmer-Bailouts auf den Weg gebracht. Wieder einmal sollen jene entschädigt werden, die mit ihren Stimmen den Handelskrieg befeuert haben. Wieder einmal werden Milliarden an Steuergeldern an dieselben Regionen ausgeschüttet, die Trumps Zollpolitik aktiv gewählt haben – und nun vor ihren eigenen Entscheidungen geschützt werden sollen. Diese Bailouts lagen nicht nur deutlich über den tatsächlichen Verlusten der Betriebe – sie kamen zudem on top auf ein ohnehin schon üppiges Netz staatlicher Hilfen. Denn Washington zahlt jedes Jahr rund 20 Milliarden Dollar an Agrarsubventionen, selbst in wirtschaftlich starken Jahren. Kommt es dennoch zu Einbußen, greift zusätzlich die staatlich finanzierte Ernteversicherung. Wer also reguläre Subventionen, Versicherungszahlungen und Zollentschädigungen erhält, profitiert im Grunde von einem dreifachen staatlichen Sicherungssystem – auf Kosten der Steuerzahler.
Der weit verbreitete Glaube, solche Programme würden arme Familienbetriebe vor Ernteausfällen und Wetterrisiken schützen, ist ein Mythos. In Wahrheit handelt es sich bei den Agrarsubventionen um das größte unternehmerische Wohlfahrtsprogramm der Vereinigten Staaten. Die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zur kapitalintensiven Großindustrie gewandelt. Und genau dort landet das Geld: Die obersten 10 % der Betriebe, die den Großteil der Subventionen abschöpfen, erwarten in diesem Jahr ein Netto-Cash-Einkommen von durchschnittlich 572.000 Dollar – nach Abzug aller Kosten.
Wo bleibt die Eigenverantwortung, von der Republikaner so gern sprechen, wenn es um Sozialhilfe in Städten geht?
Wer im Armenviertel Hilfe beantragt, ist für viele Konservative ein moralisches Problem. Wer auf dem Land Millionensubventionen fordert, gilt als systemrelevant. Es ist eine schamlose Doppelmoral, genährt aus Kalkül und Machtbewusstsein. Und sie ist nicht neu.
Landwirtschaft als Symbol für die neue Heuchelei
Seit Jahrzehnten verschiebt sich das Bild der amerikanischen Landwirtschaft. Die romantisierte Vorstellung vom kleinen Familienhof ist längst passé. Heute kontrollieren Großkonzerne den Agrarsektor. Die obersten 10 Prozent der Betriebe erhalten den Löwenanteil aller Subventionen – im Schnitt 572.000 Dollar Netto-Cash-Einkommen jährlich. Trotzdem fließen Milliarden in ihre Taschen – durch direkte Zahlungen, durch
Steuererleichterungen, durch Zollentschädigungen.
„Dreifaches Abkassieren“ nennt man das treffend – reguläre Subventionen, Versicherungszahlungen und nun erneut Rettungsgelder.
Wer da noch von freien Märkten spricht, betreibt Satire. Die Realität ist: Agrarpolitik ist Klientelpolitik. Und sie wird von einer Lobby dominiert, die in Washington offen mitregiert. Kein Energiegesetz, kein Gesundheitsgesetz würde man offen von einem Konzern schreiben lassen – beim Agrargesetz ist es nicht nur erlaubt, sondern erwartet.
Klimaresilienz? Nur wenn sie profitabel ist
Trump und Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins boten in der Klage gegen das REAP-Programm an, Gelder freizugeben – aber nur, wenn die Anträge an Trumps neue Energieverordnungen angepasst werden. In anderen Worten: Nur wer sich den fossilen Dogmen des neuen Regimes unterwirft, bekommt Hilfe.
Die Anwältin Hana Vizcarra nennt es treffend einen „unaufrichtigen Trick“.
„Man kann nicht mitten im Spiel die Regeln ändern.“
Doch genau das passiert. Und es betrifft nicht nur Farmer, sondern auch das Vertrauen in den Staat selbst. Smith-Brubaker bringt es auf den Punkt:
„Wer hätte gedacht, dass man sich auf einen Regierungsvertrag nicht verlassen kann?“
Diese Aussage sollte in den Wänden des USDA eingraviert werden – als Mahnung und als Anklage.
Es bleibt die Frage: Was kommt nach dem Vertrauen? Was passiert, wenn engagierte Gemeinschaften wie Pasa, die nie auf Profit aus waren, sondern auf Wirkung, die Hoffnung verlieren? Wenn Kleinbauern lernen, dass Engagement, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl nur zählen, solange sie ins politische Weltbild passen?
Die Antwort ist bitter: Viele machen dicht. Andere schrumpfen. Und wieder andere werden sich beim nächsten Mal gut überlegen, ob sie noch einmal mit der US-Regierung kooperieren.
„Wir dachten, wir helfen der Welt – jetzt helfen wir wohl ein bisschen weniger“, sagt Rob Dunning.
Es ist ein Satz, der leise klingt. Aber er hallt weit. Denn was hier stirbt, ist mehr als nur ein Projekt. Es ist das Ideal, dass Politik und Gemeinwohl einander nicht ausschließen müssen.
Und das alles in einem Land, das sich selbst gern als Hoffnung der Welt begreift.