Die abgeschottete Bühne – Warum Trumps Einreiseverbot die Fußball-WM 2026 und Olympia 2028 zur Farce machen könnte

VonRainer Hofmann

Juni 6, 2025

Es beginnt mit einem Gesetzestext, trocken, bürokratisch, ohne Poesie – und endet in einem Albtraum aus Diskriminierung, Misstrauen und verpassten Begegnungen. Donald Trump, Präsident der Vereinigten Staaten, inszeniert sich dieser Tage als Gastgeber der Welt. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 und die Olympischen Sommerspiele 2028 in Los Angeles – zwei globale Großereignisse, zwei vermeintliche Höhepunkte seiner zweiten Amtszeit. Doch unter der glänzenden Oberfläche liegt ein System der Ausgrenzung, ein administrativer Rassismus, der das Versprechen der offenen Gesellschaft bricht, noch bevor das erste Spiel angepfiffen, das erste Feuer entfacht ist.

Mit dem neuen Einreiseverbot, das Bürgerinnen und Bürger aus zwölf überwiegend afrikanischen, muslimischen und karibischen Staaten pauschal von der Einreise in die USA ausschließt, setzt Trump ein Zeichen – nicht der Sicherheit, sondern der Selektion. Afghanistan, Myanmar, Tschad, Kongo, Äquatorialguinea, Eritrea, Haiti, Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Jemen – sie alle stehen auf der schwarzen Liste. Weitere sieben Länder – darunter Kuba, Sierra Leone und Venezuela – müssen mit verschärften Kontrollen rechnen. Wer dazugehört, entscheidet nicht der Mensch, sondern sein Herkunftsland.

Und während Trump sich im Weißen Haus mit FIFA-Funktionären ablichten lässt und bei Interviews in Los Angeles vom „Geist der Spiele“ schwärmt, bleibt für Millionen von Menschen weltweit nur ein bitteres Echo. Wer nicht Athlet ist, nicht Trainer, nicht Mitglied einer Delegation, dem bleibt das Tor verschlossen. Die Ausnahme gilt für den Körper – nicht für den Menschen. Ein Sportler darf einreisen, ein Vater nicht. Eine Gewichtheberin wird durchgewunken, ihre Schwester bleibt außen vor. Ein Pass entscheidet über Teilhabe, nicht das Wesen.

Diese Politik hat eine Sprache, die sich nicht entschuldigt. Sie spricht von „defizitären Überprüfungsprozessen“, von „Rückführungsverweigerern“, von „Sicherheitsrisiken“ – Worte, die entmenschlichen, die kulturelle Identität zur Bedrohung erklären. Und sie ist nicht neu: Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Trump mit sogenannten Muslim Bans das Fundament für diese Praxis gelegt. Jetzt, mit mehr Macht und weniger Widerstand, vollzieht er, was einst umkämpft war – und die Welt schaut zu.

FIFA-Präsident Gianni Infantino schweigt. Das Internationale Olympische Komitee hüllt sich in diplomatische Phrasen. Statt einer klaren Absage an Diskriminierung wird von „Vertrauen in den Gastgeber“ gesprochen. Casey Wasserman, Chef von LA28, lobt die Zusammenarbeit mit dem Außenministerium. Und so gedeiht die Lüge: Dass Sport unpolitisch sei, dass Spiele unabhängig von ihren Rahmenbedingungen funktionieren könnten. Dass sich Menschenrechte an den Turniertagen einfach ausblenden lassen, solange der Medaillenspiegel stimmt. Doch was bedeutet ein solches Turnier, wenn es nicht mehr die Welt willkommen heißt, sondern nur einen Teil davon? Wenn iranische Fans keine Visa erhalten, wenn sudanesische Familien abgeschoben werden, wenn somalische Zuschauer nicht einmal einen Antrag stellen dürfen – was bleibt dann vom Gedanken der olympischen Idee? Vom Mythos der Völkerverständigung? Es bleibt eine Inszenierung, teuer, pompös – und leer.

Die rassistische Selektivität dieses Dekrets ist nicht nur ein Schlag gegen die betroffenen Länder. Sie ist ein Angriff auf den Begriff des Sportes selbst. Denn wer die Welt einlädt, aber sie an der Grenze zurückweist, baut keine Brücke – er baut eine Fassade. Und hinter dieser Fassade bröckelt die Moral.

In der Vergangenheit verweigerten Russland und Katar zwar Journalisten und Aktivisten die Einreise, doch sie versuchten zumindest symbolisch, eine Form der Offenheit zu demonstrieren. Die USA unter Trump gehen den entgegengesetzten Weg: Offen sind nur die Stadien. Das Land selbst bleibt verriegelt. Man bekommt Eintritt – aber kein Willkommen. Es ist Zeit für ein Umdenken. Für ein Zeichen. Nicht der Athleten, nicht der Funktionäre allein – sondern der Gesellschaft. Die Spiele in einem Land auszurichten, das mit systematischer Härte Millionen ausschließt, ist ein Verrat an allem, was Sport zu bedeuten vorgibt. Boykott ist kein leichtes Wort – aber manchmal das einzig wahre. Denn wo Menschenrechte selektiv gelten, darf man nicht mittun. Man muss widersprechen – mit Taten, nicht nur mit Erklärungen.

Der Ball mag rollen. Aber die Würde steht still.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
0
Would love your thoughts, please comment.x