Der Zoll, der nicht kam – Trumps Lastwagen-Taktik zwischen Bluff und ökonomischer Selbsttäuschung

VonRainer Hofmann

Oktober 6, 2025

Donald Trump hat seine neueste Zollrunde erneut verschoben – diesmal die angekündigten 25 Prozent auf mittlere und schwere Lastwagen. Eigentlich sollten die Importzölle bereits am 1. Oktober greifen, gemeinsam mit den Strafzöllen auf Medikamente (100 Prozent), Küchenmöbel (50 Prozent) und Polstermöbel (30 Prozent). Doch der Präsident, der Zölle als Werkzeug und Wahlkampfrhetorik zugleich versteht, ruderte am Montag überraschend zurück. Auf seiner Plattform Truth Social erklärte er, die Abgaben würden nun erst ab dem 1. November gelten. Gründe nannte er keine. Das Weiße Haus schwieg zunächst zu der Verschiebung – ein Muster, das sich seit Wochen wiederholt. Während offizielle Sprecher sich in Schweigen hüllen, bleibt die Deutung der Entscheidung allein dem Präsidenten selbst überlassen. Er inszeniert die Zölle als patriotischen Schutzschild, als Kampfansage an „ausländische Manipulatoren“, die angeblich Amerikas Industrie unterminieren. Doch die Realität ist weit weniger heroisch. Hinter der Verschiebung steckt offenkundig Nervosität – wirtschaftlich wie politisch.

Der Lastwagenzoll trifft nicht etwa China oder Mexiko besonders stark, sondern vor allem US-Unternehmen, die auf internationale Zulieferketten angewiesen sind. Hersteller wie Navistar, PACCAR oder Daimler Truck North America importieren Fahrgestelle, Motoren und Komponenten aus Kanada, Deutschland und Japan. Eine 25-Prozent-Abgabe würde ihre Kosten unmittelbar explodieren lassen – und den Preis für Speditionen, Bauunternehmen und Logistikdienstleister weiter erhöhen. Schon jetzt klagen viele Transportunternehmen über steigende Ersatzteilpreise und sinkende Margen infolge früherer Zollpakete. Dass Trump die Einführung nun just am Vorabend des Besuchs des kanadischen Premierministers Mark Carney auf den 1. November verschiebt, dürfte kein Zufall sein. Carney hat die protektionistische Handelspolitik Washingtons wiederholt kritisiert und darauf hingewiesen, dass kanadische Zulieferer in den USA zehntausende Arbeitsplätze sichern. Eine Eskalation unmittelbar vor dem Treffen hätte Trumps Regierung in eine diplomatische Sackgasse geführt.

Doch die Verschiebung löst das Problem nicht – sie verschiebt es nur. Wirtschaftsexperten warnen, dass die kombinierte Wirkung der neuen Strafzölle – insbesondere die 100 Prozent auf Medikamente – die Inflation in den kommenden Monaten wieder anheizen könnte. Schon im August hatte die Verbraucherpreisinflation 5,6 Prozent erreicht, getrieben von Importkosten und Lieferengpässen. Während das Weiße Haus die Maßnahmen als „strategische Anpassung“ bezeichnet, sprechen Analysten von einem Kurs ohne Kompass: einer Wirtschaftspolitik, die kurzfristige Schlagzeilen über langfristige Stabilität stellt. Die politische Motivation ist durchsichtig. Trump braucht sichtbare Feindbilder und ökonomische Theaterstücke, um Stärke zu demonstrieren. Seine Zölle sind dabei weniger ökonomische Instrumente als symbolische Grenzmarkierungen – ein Versuch, Kontrolle über ein System zu inszenieren, das längst global verflochten ist. Doch wie schon in seiner ersten Amtszeit sind es am Ende nicht China oder Europa, die die Hauptlast tragen, sondern amerikanische Verbraucher, Kleinbetriebe und Landwirte.

Die späte Verschiebung um einen Monat ist deshalb mehr als ein administrativer Akt – sie ist ein Symptom. Ein Zeichen dafür, dass Trumps Wirtschaftspolitik zwischen Wunsch und Wirklichkeit pendelt, zwischen Lautstärke und Leerraum. Während er auf Truth Social den Ton des unerschütterlichen Anführers anschlägt, wirken seine Entscheidungen zunehmend erratisch, reaktiv, undurchdacht. Dass der Präsident seine eigene Industrie im Wahljahr 2026 mit Importzöllen unter Druck setzt, während Lieferketten ohnehin angespannt sind, könnte sich als politischer Bumerang erweisen. Schon jetzt wächst in den Produktionsstaaten des Mittleren Westens die Kritik – dort, wo einst Trumps Basis besonders stark war. „Wir zahlen den Preis für seine Schlagzeilen“, sagte ein Spediteur aus Indiana, „und er verkauft es als Patriotismus.“

Der Zoll auf Lastwagen mag nun erst im November kommen. Doch der Schaden – wirtschaftlich wie politisch – ist längst angerichtet. Trumps Wirtschaftspolitik gleicht mehr denn je einem Spiel am Rand des Abgrunds: laut, unberechenbar und mit jeder Runde gefährlicher für jene, die sie bezahlen müssen.

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Thomas Schiller
Thomas Schiller
1 Stunde zuvor

wann hat dieser Schwachkopf jemals eine bedachte Entscheidung getroffen???🤮

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