Amerikas Preis – Wie Trumps Handelskrieg Konzerne, Universitäten und die Presse trifft

VonTamzee Zadah

Juli 23, 2025

Es ist ein unscheinbarer Tweet der Wall Street Journal, der die Wucht amerikanischer Wirtschaftspolitik in einem Satz verdichtet: „General Motors‘ profit shrank 35% last quarter after taking a $1.1 billion tariff hit.“ Ein Milliardenverlust – verursacht durch Zölle, erlassen von einem Präsidenten, der sich selbst als Dealmaker versteht, aber seine Volkswirtschaft in Geiselhaft nimmt. Die Fahrzeuge auf dem dazugehörigen Foto stehen da wie auf einem Schlachtfeld: weiß, silbern, grau – stillgelegte Hoffnung auf vier Rädern. Was sich hier andeutet, ist keine isolierte Betriebsbilanz. Es ist ein Fieberthermometer für den Zustand eines Landes im Handelskrieg gegen sich selbst.

Während General Motors mit dem Rücken zur Wand steht, verkündet Donald Trump eine neue Vereinbarung mit Japan: 15 Prozent Zoll auf Importe, „herunterverhandelt“ von ursprünglich 25 Prozent. Japans Premier Shigeru Ishiba versucht, das Ergebnis als bilateralen Erfolg zu verkaufen – nicht zuletzt, um nach einer krachenden Wahlniederlage seine politische Haut zu retten. Doch selbst in Tokio ist die Fassade dünn geworden. „Ich muss das Abkommen erst prüfen“, weicht Ishiba aus, während Washington das Ergebnis bereits in Dollar beziffert: 550 Milliarden sollen aus Japan in die USA fließen – auf Trumps „direkte Anweisung“, wie er auf Truth Social schreibt. Und Europa? Dort bereitet man sich auf das nächste Ultimatum vor. Ein Schreiben des Weißen Hauses droht den 27 EU-Mitgliedsstaaten mit 30 Prozent Strafzoll – ab dem 1. August. Beim Abendessen mit Republikanern kündigt Trump an: „Wir haben Europa diese Woche hier. Morgen oder übermorgen.“ Die Gespräche beginnen unter dem Damoklesschwert des wirtschaftlichen Exitus.

Doch es sind nicht nur Zölle, die Trumps Präsidentschaft in den letzten Julitagen prägen. Es ist der ganzheitliche Umbau eines Landes, dessen Institutionen sich zunehmend in Richtung eines autoritären Projekts verbiegen. In New Jersey hebt ein Berufungsgericht das landesweite Verbot privater Abschiebeknäste auf – zugunsten des Trump-nahen Betreibers CoreCivic. Die Begründung: Staaten dürften „Bundesfunktionen nicht unterlaufen“, auch wenn es sich um Menschenrechte handelt. In Colorado wiederum verklagt Generalstaatsanwalt Phil Weiser einen Sheriff-Stellvertreter, weil dieser über Signal-Chat Daten einer Studentin an ICE weitergab – in direktem Widerspruch zum Landesgesetz. Die Trump-Regierung hat Colorado wegen genau dieser Schutzgesetze bereits verklagt. Währenddessen geht Tulsi Gabbard, Trumps Direktorin für nationale Geheimdienste, in die Offensive. In einem Bericht zur Russlandaffäre 2016 stellt sie etablierte Erkenntnisse infrage – sehr zur Freude des Präsidenten, der sie in der East Room des Weißen Hauses überschwänglich lobt: „Tulsi, großartige Arbeit. Und ich weiß, da kommt noch mehr.“ Gabbard hatte zuvor öffentlich gezweifelt, ob der Iran überhaupt Nuklearwaffen baue – Trump hatte sie dafür gerügt. Jetzt ist sie wieder in seiner Gunst. Und mehr als das: „Hotter than everybody“, nennt er sie – ein Superlativ, der zwischen Chauvinismus und Loyalitätsausweis changiert.

Parallel eskaliert der Kulturkampf im akademischen Amerika. Columbia University bestätigt: Fast 80 Studierende wurden suspendiert oder exmatrikuliert – wegen Pro-Palästina-Protesten im Mai. Der Druck kommt von ganz oben. 400 Millionen Dollar Bundesmittel sind blockiert, weil Columbia nicht hart genug gegen „antisemitische Tendenzen“ vorgegangen sei – so die Regierung. Studierenden droht ein Ausschluss, wenn sie sich nicht schriftlich entschuldigen. Einige lehnen das ab. „We will not be deterred“, schreiben sie. „Wir kämpfen weiter für die Befreiung Palästinas.“ Und schließlich trifft die Repression auch das Kabarett. Stephen Colbert, langjähriger Gastgeber der Late Show, kehrt mit einer bitteren Pointe zurück: „Cancel culture has gone way too far.“ CBS hat seine Show abgesetzt – angeblich aus finanziellen Gründen. Colbert vermutet mehr: Kurz vor der Entscheidung hatte er Trumps 16-Millionen-Vergleich mit CBS wegen eines 60 Minutes-Interviews kritisiert. Jetzt kontert er auf der Bühne: „Sie haben die Show getötet. Aber sie haben mich am Leben gelassen.“ Und fügt trocken hinzu: „Jetzt kann ich endlich sagen, was ich wirklich über Trump denke. Ich mag ihn nicht. Er hat keine Ahnung, wie man Präsident ist.“

Was bleibt, ist ein Land im Wandel. Konzerne verlieren Milliarden durch protektionistische Exzesse, Gerichte biegen Gesetze im Sinne der Exekutive, Universitäten und Kabarettisten geraten ins Fadenkreuz – und alles, was Trump bleibt, ist der Applaus seiner Gefolgschaft im Ostflügel. Doch die Einschläge kommen näher. Und nicht nur bei General Motors.

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Aber die Staaten und US Konzerne knickers nach und nach ein.

Astrazeneca wird jetzt ein Werk in den USA bauen.

Japan schließt gemäß ntv einen Deal ab.

CBS ist eingeknickt. Zweifach.
Ein Vergleich wegen eines angeblich manipulativen Kamala Harris interview und wegen der Late night show.

Und je länger dieser Trump und Konsorten Alptraum anhält, desto mehr werden such zeugen und schweigen.
Wie in allen autokratischen Staaten

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