Die Kinder, die der Fluss mitnahm – Über 100 Tote nach Flutkatastrophe in Texas, darunter 27 aus einem Sommercamp

VonRainer Hofmann

Juli 8, 2025

Es ist eine Katastrophe von biblischem Ausmaß – und ein Moment, in dem das ganze Land den Atem anhält: Nach den verheerenden Überschwemmungen in Texas ist die Zahl der Todesopfer auf mindestens 104 gestiegen. Noch immer werden Menschen vermisst. Noch immer wühlen Helfer in den Trümmern. Und noch immer ist die Wunde offen, die das Wasser geschlagen hat. Besonders schwer getroffen wurde Kerr County, ein hügeliges Idyll westlich von San Antonio, in dem in jedem Sommer Kinderlager, Kirchenfreizeiten und Familienfeste stattfinden. Hier liegt auch „Camp Mystic“, ein traditionsreiches Mädchenlager am Ufer des Guadalupe River. Was einst ein Ort der Unbeschwertheit war, ist nun ein Trümmerfeld des Schmerzes: 27 der bisher geborgenen Leichen stammen aus diesem Camp – Mädchen, die kamen, um zu tanzen, zu singen, Freundschaften zu schließen. Nun sind sie nicht mehr. Insgesamt wurden allein in Kerr County 84 Tote bestätigt, darunter 28 Kinder. Zehn weitere Camperinnen und ein Betreuer werden noch vermisst. Senator Ted Cruz sprach von „dem Albtraum aller Eltern“ – ein Satz, der wie eine Untertreibung wirkt angesichts der Realität, die sich Rettungsteams, Anwohnern und Familien bietet: zertrümmerte Zelte, umgerissene Bäume, verlorene Kleidung im Schlamm, ein Symbol staatlichen Versagens. Denn obwohl der nationale Wetterdienst in der Nacht zum Freitag mehrfach vor „flash floods“ – Sturzfluten – gewarnt hatte, kam es offenbar zu keiner flächendeckenden Alarmierung vor Ort. Notfall-Sirenen blieben stumm. Eltern erfuhren erst über soziale Netzwerke, dass etwas Schreckliches passiert war. Während Regenmengen fielen, wie sie sonst in einem ganzen Monat niedergehen, lief in Camp Mystic noch das Abendprogramm. Dann kam das Wasser – schnell, brutal, unaufhaltsam. Die Aufräum- und Bergungsarbeiten sind eine Kraftanstrengung, wie sie Texas seit Jahren nicht erlebt hat. Helfer kommen aus allen Teilen des Landes, selbst aus Mexiko: Jesús Gomez, Feuerwehrmann aus der Grenzstadt Acuña, sprach von einer „Suche mit bloßen Händen“. Auch aus Florida und Louisiana wurden Rettungskräfte eingeflogen. Der Boden ist aufgeweicht, viele Wege unpassierbar, die Gefahr weiterer Überschwemmungen besteht – denn neue Regenfälle sind für Montag angekündigt. Gouverneur Greg Abbott erklärte am Sonntag, dass noch immer 41 Menschen als vermisst gelten – eine Zahl, die sich jederzeit ändern kann. Camp Mystic teilte mit, man trauere um „die unersetzlichen Leben unserer Mädchen und Betreuer“ – Worte, die kaum ausreichen, um die Tiefe des Verlusts zu erfassen.

Und das Weiße Haus? Schweigt bislang. Es gibt Gerüchte, dass Präsident Donald Trump am kommenden Freitag erstmals nach Texas reisen könnte – eine Premiere, denn noch nie in der amerikanischen Geschichte hat ein amtierender Präsident sich so spät nach einer Naturkatastrophe gezeigt, bei der über hundert Menschen ums Leben kamen, darunter so viele Kinder. Während andere Präsidenten an der Seite von Überlebenden standen, scheint Trump in Mar-a-Lago zu verharren – weit entfernt vom Schlamm, den Tränen, den Fragen. Was bleibt, sind Gummistiefel im Schlamm. Stillgelegte Camps, in denen es nie wieder so sein wird wie zuvor. Und eine Gesellschaft, die sich fragen muss, wie viele Warnzeichen ignoriert werden dürfen, bevor ein Staat zur Rechenschaft gezogen wird. Der Guadalupe River fließt weiter – doch für viele wird er nie mehr ein friedlicher Ort sein.

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Carola Richter
Carola Richter
4 Monate zuvor

Wenn Daseinsvorsorge als lästiger Kostenfaktor abgeschafft wird, wie gezielte und schnelle Wetterwarnunng, zahlen unschuldige Menschen dafür mit ihrem Leben. Hier auch viele Kinder und die Eltern, Familien trauern und der Schock wird sie den Rest ihres Lebens begleiten und belasten. Ich hoffe, aus dieser Tragödie werden Konsequenzen gezogen und eine Gesellschaft steht auf und auch die Gouverneurs denken an das Wohl ihrer Bevölkerung und nicht in blindem Gehorsam einer Idee ohne Verantwortung.

Katharina Hofmann
Administrator
4 Monate zuvor
Antwort auf  Carola Richter

das ist so schlimm und die Menschen sind einfach nur fassungslos.

Ela Gatto
Ela Gatto
4 Monate zuvor
Antwort auf  Katharina Hofmann

Aber sie beten und leiden.
Ggf zeigen sie noch mit dem Finger auf Biden.
Dass Texas immer ein router Staat war und sich letztlich einen Dreck um seine Bürger scherzi, könnte man doch bei diversen Katasyrophen sehen….
Der Kälteeinbriluch, wo Menschen starben. Ted Cruz flog da lieber ins warme Mexiko.
Ach ha Mexiko. Das Land dessen Einwohner als kriminelle Irre bezeichnet werden, sobald sie USA Boden betreten.

Pro Life, Anti-Abortion….. aber im Alltag sind die Bürger uninteressant.
Es wird Wahlkampf auf dem Rücken der Trauernden gemacht.

Und due? Die Weinen, beten, weinen und beten.
Aber sich Auflehnen?
Daran glaube ich nicht.
Nicht in einem tiefroten Staat.

Im Zweifel war es halt „Gottes Wille“

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