New York / Teheran – Es war ein Angriff mit Signalwirkung – und mit weitreichenden Konsequenzen: Von der Symbolik zur Anklage: Warum der Schlag gegen Teherans bekanntestes Gefängnis die Grenzen des Krieges überschreitet. Das Evin-Gefängnis im Norden Teherans, bekannt als Symbol staatlicher Repression und politischer Unterdrückung, wurde am Montag Ziel eines israelischen Luftangriffs. Israel begründete die Attacke mit der Absicht, sogenannte „Regimeeinrichtungen und Repressionsapparate“ im Zentrum der iranischen Hauptstadt zu treffen. Doch was aus israelischer Sicht als gezielte Schwächung der Machtstrukturen verstanden werden mag, wird von der internationalen Gemeinschaft nun als eklatanter Bruch des humanitären Völkerrechts gewertet. Das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen reagierte umgehend und scharf. In einer Stellungnahme wurde der Angriff auf das Evin-Gefängnis als „schwerwiegender Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht“ verurteilt. Ein Gefängnis, das vor allem politische Gefangene beherbergt – darunter Journalist:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und Regimekritiker:innen –, dürfe unter keinen Umständen zu einem legitimen militärischen Ziel erklärt werden. Der Angriff verletze die Grundprinzipien der Kriegsführung, insbesondere den Schutz von Zivilpersonen und nicht-militärischer Infrastruktur.
Teheran selbst teilte mit, man habe nach dem Angriff alle Inhaftierten in Sicherheit gebracht, um die beschädigte Einrichtung zu reparieren. Es bleibt jedoch unklar, wohin die Gefangenen verlegt wurden – und unter welchen Bedingungen. Menschenrechtsorganisationen äußerten sich besorgt über mögliche geheime Verlagerungen, eingeschränkten Zugang zu Justiz und fehlenden Kontakt zu Angehörigen. Der Angriff auf das Evin-Gefängnis markiert eine neue Eskalationsstufe im ohnehin angespannten Konflikt zwischen Israel und Iran. Während sich Tel Aviv auf sein Recht zur Selbstverteidigung beruft und erklärt, man habe auf „staatliche Repressionsmechanismen“ gezielt, stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit – und nach den Grenzen militärischer Legitimation. Gerade weil das Evin-Gefängnis ein politisch hoch aufgeladenes Symbol ist, rückt der Angriff es in den Fokus einer Debatte über Kriegsführung, Rechtsstaatlichkeit und moralische Verantwortung.
Die Vereinten Nationen forderten Israel eindringlich auf, seiner Verpflichtung zum Schutz ziviler Einrichtungen und Personen nachzukommen – und künftig alle militärischen Operationen strikt an den Maßstäben des humanitären Völkerrechts auszurichten. Es sei nicht hinnehmbar, dass Einrichtungen wie Evin, so sehr sie auch für staatliche Unterdrückung stehen mögen, zu Schlachtfeldern werden. Die Menschen hinter den Mauern – einst wie jetzt – seien keine Kombattanten, sondern oft selbst Opfer eines repressiven Systems. Die internationale Gemeinschaft steht nun vor der Aufgabe, die Eskalationsspirale zwischen Israel und Iran nicht nur diplomatisch zu entschärfen, sondern auch völkerrechtlich einzuordnen. Denn wenn selbst Gefängnisse nicht mehr sicher vor Bomben sind, droht das Fundament des internationalen Rechts zu erodieren.