Markt in der Warteschleife – Wie Wall Street und Ölpreise auf Trumps Iran-Angriff reagieren

VonRainer Hofmann

Juni 23, 2025

New York – Der Eingriff der Vereinigten Staaten in den Krieg zwischen Israel und Iran – durch gezielte Luftschläge auf iranische Atomanlagen – hat am Montag überraschend verhaltene Spuren auf den globalen Finanzmärkten hinterlassen. Während Politiker warnen, Analysten rechnen und Diplomaten telefonieren, bleibt an der Wall Street vieles im Schwebezustand. Noch zumindest. Die Reaktion der Märkte fällt bislang moderat aus – ein Balanceakt zwischen geopolitischem Ernst und wirtschaftlicher Zweckoptimismus. Der S&P-500-Index, das wohl wichtigste Börsenbarometer der Welt, lag am Montagmorgen lediglich 0,1 Prozent im Minus. Der Dow Jones verlor 37 Punkte, ebenfalls rund 0,1 Prozent. Und auch der technologieorientierte Nasdaq Composite gab nur um 0,4 Prozent nach. Keine Panik also – aber auch keine Entwarnung. Die Unsicherheit darüber, wie Iran auf die Bunkerbrecher-Angriffe der US-Streitkräfte reagieren wird, lähmt Investoren ebenso wie sie sie in Alarmbereitschaft versetzt.

Besonders genau beobachtet wird derzeit der Ölmarkt – jener globale Nervenstrang, dessen Zucken ganze Volkswirtschaften beeinflusst. Kurz nach Handelsbeginn am Sonntagabend schnellte der Ölpreis zunächst um 4 Prozent in die Höhe – ein Reflex auf die Nachrichten über die US-Angriffe auf die iranischen Nuklearstandorte Fordo, Natanz und Isfahan. Doch rasch trat Ernüchterung ein: Die Preise gaben einen Großteil der Gewinne wieder ab, als klar wurde, dass Iran bislang keine unmittelbare Vergeltung übte, die den Ölfluss über die Straße von Hormus – das Nadelöhr des Weltenergiemarktes – gefährdet hätte. Am Montagmorgen lag der Preis für ein Barrel US-Rohöl (West Texas Intermediate) bei 74,16 Dollar – ein leichtes Plus von 0,4 Prozent. Die internationale Referenzsorte Brent notierte bei 77,17 Dollar – ein Anstieg von 0,2 Prozent. Beide Werte liegen damit immer noch deutlich über dem Niveau von vor gut einer Woche, als der Konflikt eskalierte und der US-Rohölpreis bei etwa 68 Dollar pro Barrel stand.

Das stille Kalkül der Märkte ist klar: Sollte Iran auf die Luftschläge mit Angriffen auf Tanker, Pipelines oder Förderinfrastruktur reagieren, könnten die Preise explodieren – mit verheerenden Folgen für die Weltwirtschaft. Doch sollte Teheran Zurückhaltung üben, bliebe der wirtschaftliche Schaden möglicherweise begrenzt. Es ist ein nervöses Abwarten – ein Drahtseilakt über geopolitischem Feuer. US-Präsident Donald Trump sieht die Entwicklung mit Sorge – nicht etwa aus Rücksicht auf das globale Gleichgewicht, sondern wegen der steigenden Spritpreise im eigenen Land. In einem wütenden Truth-Social-Post rief er Ölproduzenten auf, die Fördermengen sofort zu erhöhen. „DRILL, BABY, DRILL!!! And I mean NOW!!!“, schrieb Trump in Großbuchstaben. Und weiter: „ALLE, HALTET DIE ÖLPREISE NIEDRIG. ICH BEOBACHTE EUCH! IHR SPIELT DEM FEIND IN DIE HÄNDE. LASST DAS!“ Es ist eine explosive Mischung: geopolitische Eskalation, wirtschaftlicher Druck, innenpolitischer Populismus. Die Finanzmärkte hoffen auf Stabilität – und spekulieren auf Disziplin. Doch mit jeder weiteren Rakete, mit jeder neuen Drohung kann sich das fragile Gleichgewicht verschieben. Der heutige Tag an der Börse scheint ruhig verlaufen.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
0
Would love your thoughts, please comment.x