Es gibt Momente, in denen sich die Weltpolitik selbst überholt. Und dann gibt es Momente wie diesen – in dem die Vereinigten Staaten, unter der Führung von Präsident Donald Trump, China auffordern, den Iran von einer Blockade der Straße von Hormus abzuhalten. China, wohlgemerkt – jenes autoritäre Regime, das man in Washington noch vor wenigen Wochen wahlweise als ökonomischen Erzfeind, Menschenrechtsverletzer oder kommunistische Bedrohung stilisierte. Nun also soll genau dieses China, aus Sicht Trumps, als diplomatischer Türsteher am Nadelöhr der globalen Ölversorgung einspringen – damit Amerikas Spritpreise nicht weiter steigen und der Westen nicht in eine neue Wirtschaftskrise schlittert. Washington hat in den letzten Wochen Bunkerbrecher auf iranische Atomanlagen abgeworfen, den Flächenbrand im Nahen Osten mit entfacht – und ruft nun Peking um Hilfe. Wie ein Brandstifter, der beim Feuerwehreinsatz plötzlich auf Nachbars Expertise hofft, weil der eigene Schlauch leer ist.
Doch diese Strategie offenbart mehr als nur geopolitische Verwirrung – sie zeigt, wie sehr die Trump-Regierung ihre Außenpolitik in einem wirtschaftlichen Tunnelblick betreibt. Alles, was zählt, ist der Ölpreis. Alles, was stört, wird mit Drohungen, Bomben oder Tweets bedacht. Die komplexen Machtverhältnisse in der Straße von Hormus, durch die ein Viertel des weltweiten Ölhandels fließt, werden dabei zur bloßen Kulisse eines populistischen Erregungsmanagements. Dass China eigene Interessen in der Region hat, etwa milliardenschwere Investitionen im Iran und Abhängigkeit von eben jenem Öl, das durch die Meerenge fließt – wird ignoriert. Und gleichzeitig mutet es fast zynisch an, dass ausgerechnet Trump, der das Pariser Klimaabkommen zerschlug, Umweltvorgaben abschaffte und neue Offshore-Ölfelder freigab, nun Alarm schlägt, wenn Ölströme gefährdet sind. Der Präsident, der einst versprach, Amerika energiepolitisch unabhängig zu machen, offenbart in diesem Moment die ganze Abhängigkeit der Supermacht von fossilen Wegen, die andere Länder kontrollieren.
Und so offenbart der Appell an China mehr als nur diplomatischen Pragmatismus. Er ist ein Spiegelbild der orientierungslosen Außenpolitik einer Regierung, die sich selbst widerspricht, ihre Partner entfremdet und ihre Gegner um Hilfe bittet. Wer glaubt, Stärke zeige sich im Drohen, im Bombardieren und im Alleingang, der landet früher oder später dort, wo sich Macht in Ohnmacht verwandelt: am Verhandlungstisch – mit jenen, die man zuvor zu Feinden erklärte. Inmitten dieser Farce bleibt nur eine bittere Erkenntnis: Amerikas Außenpolitik unter Trump ist kein orchestriertes Schachspiel, sondern ein improvisierter Tanz auf einem verminten Ölteppich – mit einer Musik, die immer schneller spielt. Und während die Welt um Deeskalation ringt, hofft das Weiße Haus, dass China das Chaos zähmt, das Washington selbst mit entfesselt hat.
