Als die Raketen einschlugen, war unser Team längst ausgedünnt. Über die Hälfte der Redaktion von Radio Farda war beurlaubt worden – nicht aus Mangel an Arbeit, sondern aus politischem Kalkül. Und doch berichteten wir. Während iranische Staatsmedien Fake News über einen abgeschossenen israelischen Piloten verbreiteten, waren wir es, die überprüften, die aufklärten, die gegenhielten. Ohne Netzwerke wie unseres hätten viele Menschen in Iran nur das gehabt, was das Regime ihnen vorsetzt: Schweigen, Propaganda, Angst. Ich arbeite bei einem Sender, den Donald Trump am liebsten ganz abschaffen würde. Über die U.S. Agency for Global Media hat seine Regierung versucht, Radio Farda und die persischen Dienste von Voice of America systematisch zu zerstören. Uns wird vorgeworfen, liberal zu sein – dabei liefern wir einfach nur sauberen Journalismus, in einem Land, das keinen freien Zugang zu Informationen kennt. Golnaz Esfandiani, unsere Chefredakteurin bei Radio Farda, bringt es auf den Punkt: Wir versorgen die Menschen im Iran im Minutentakt mit Informationen über den Krieg. Und sie hat recht. Wir erklären das Atomprogramm, wir zeigen, was es bedeutet, wenn Reaktoren bombardiert oder Städte beschossen werden. Wir erzählen, was im Iran nicht erzählt werden darf. Und wir hören zu – den vielen Stimmen, die sich bei uns melden, weil sie uns mehr vertrauen als ihrer eigenen Regierung.
Währenddessen wurde Voice of America auf Knopfdruck abgeschaltet. Im März zwang man das gesamte Persisch-Team in den Zwangsurlaub – ohne Vorwarnung, ohne Perspektive. Und dann, am vergangenen Freitag, geschah das Undenkbare: Crystal Thomas, die Personalchefin von USAGM, schickte eine Rundmail. Plötzlich sollten alle wieder zur Arbeit kommen – sofort. Kein Plan, keine Erklärung, nur ein Befehl. Ein Kollege, der anonym bleiben muss, war innerhalb von drei Stunden im Büro. Er sagte: Ich habe bis Mitternacht gearbeitet, um eine einstündige Sendung auf die Beine zu stellen. Rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zurück – notdürftig reaktiviert, ohne Sicherheit, ob ihre Arbeit morgen noch gewünscht ist. Kari Lake, die neue Leiterin der US-Medienagentur und Trump-Vertraute, sagte stolz bei Fox News: Wir fahren jetzt hoch – wie es immer geplant war – um diesem historischen Moment gerecht zu werden. Als hätte man das Chaos inszeniert, um am Ende doch wieder auf uns angewiesen zu sein. Dabei fehlen uns selbst grundlegende Mittel. Eine Kollegin berichtet, dass die Administration unsere Abonnements bei AP, Reuters und AFP einfach gekündigt hat – wir recherchieren unter Notbedingungen, während die Weltlage explodiert. Und niemand sagt uns, ob oder wie lange wir noch weitermachen dürfen. Eine Kollegin sagte: Ich will gar nicht darüber nachdenken, über die Angst, in wenigen Wochen wieder auf der Straße zu stehen.
Patsy Widakuswara, die White-House-Korrespondentin von Voice of America und Klägerin in einem Verfahren gegen Trumps Eingriffe, sagte es so: Ich bin dankbar, dass man unseren Dienst zurückgebracht hat. Aber warum ein funktionierendes System zerschlagen, nur um es dann in der Krise mühsam wieder zusammenzuflicken? Eine Frage, auf die niemand in Washington eine ehrliche Antwort gibt. Tom Kent, ehemaliger Präsident von Radio Free Europe/Radio Liberty, warnte: Internationale Berichterstattung lässt sich nicht wie ein Lichtschalter ein- und ausschalten. Wenn unsere Sendungen plötzlich verstummen, gewöhnen sich die Menschen an das Schweigen. An andere Stimmen. An Lügen. Und sie verlieren das Vertrauen in das, was uns ausmacht. Ich weiß nicht, wie lange wir noch senden können. Ich weiß nur: Diejenigen, die uns hören, brauchen uns jetzt. Heute. Nicht, weil wir perfekt sind. Sondern weil wir da sind, wenn alles andere verstummt.
