Kalifornien verliert vorerst Kontrolle über Nationalgarde – Berufungsgericht stoppt Breyers Entscheidung

VonRainer Hofmann

Juni 13, 2025

In einem aufsehenerregenden Schritt hat das 9. US-Berufungsgericht am Donnerstag eine Entscheidung von Bundesrichter Charles R. Breyer (Aktenzeichen: State of California v. Trump et al., 3:25-cv-04172-CRB) vorläufig gestoppt, die Präsident Donald Trump verpflichtet hätte, die Kontrolle über die in Kalifornien eingesetzten Nationalgardisten an Gouverneur Gavin Newsom zurückzugeben. Breyer hatte nur wenige Stunden zuvor geurteilt, dass der Einsatz der Nationalgarde durch Präsident Trump gegen den 10. Verfassungszusatz verstoße und seine gesetzlichen Befugnisse überschreite. Die Nationalgarde sei fälschlicherweise unter „Title 10“ des US-Kodex einberufen worden – einer Bestimmung, die dem Präsidenten den Zugriff auf die Nationalgarde nur in Ausnahmefällen wie Invasion, Rebellion oder dem Unvermögen zur Gesetzesdurchsetzung erlaubt. „Die Proteste in Los Angeles erfüllen bei Weitem nicht die Voraussetzungen für eine Rebellion“, schrieb Breyer in seiner Begründung.

Der vorübergehende Stopp kam keine 24 Stunden vor dem geplanten Inkrafttreten des Urteils. Das Berufungsgericht kündigte eine Anhörung für Dienstag an. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht der Einsatz von etwa 500 Gardisten zur Unterstützung von Einwanderungsrazzien durch Bundesbehörden. Fotos uniformierter Nationalgardisten an der Seite von ICE-Agenten vor dem Metropolitan Detention Center in Los Angeles hatten landesweit für Empörung gesorgt. Die Lage in der Stadt eskalierte: Bei Protesten gegen die Razzien kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Berittene, Schlagstöcke und Tränengas einsetzte.

Gouverneur Newsom hatte mit einer Klage auf ein sofortiges Ende der Truppeneinsätze gedrängt. „Heute war ein Test für die Demokratie – und wir haben ihn bestanden“, sagte er zunächst hoffnungsvoll nach Breyers Entscheidung. Doch nach dem Eingreifen des Berufungsgerichts steht Kalifornien erneut im Schatten Washingtons. Das Weiße Haus reagierte scharf. Sprecherin Anna Kelly nannte das Urteil „beispiellos“ und warf Richter Breyer vor, sich über die verfassungsmäßige Rolle des Präsidenten als Oberbefehlshaber hinwegzusetzen. Man werde den Fall „bis zum höchsten Gericht bringen, um diesen Machtmissbrauch rückgängig zu machen“.

Währenddessen bereiten sich rund 700 US-Marines in der Naval Weapons Station in Seal Beach auf mögliche Einsätze vor. Laut dem Anwalt des Bundesstaates, Nicholas Green, soll ein Teil von ihnen bereits innerhalb von 24 Stunden die Nationalgardisten in Los Angeles ablösen – eine Eskalation mit Ansage. Der Fall rückt eine grundsätzliche Frage ins Zentrum der amerikanischen Demokratie: Wer entscheidet über den Einsatz bewaffneter Kräfte im Innern – ein gewählter Gouverneur oder ein Präsident, der zunehmend autoritäre Züge trägt? Für Richter Breyer ist die Antwort klar. Während der Verhandlung hielt er demonstrativ eine Ausgabe der US-Verfassung hoch und erklärte: „Das ist der Unterschied zwischen einer konstitutionellen Regierung und einem König George.“

Der Protest – und der Streit um die Macht – dürfte damit in die nächste Runde gehen. Befremdlich, eine genaue Stellungnahme gab das Gericht nicht ab. So ein Verhalten ist ärgerlich für eine objektive Berichterstattung.

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