Weidels 12-Punkte-Show: Ein Programm, das Deutschland nicht stärkt, sondern zum Patienten macht

VonRainer Hofmann

November 26, 2025

Alice Weidel stellte heute ihren Zwölf-Punkte-Plan vor – und verkauft ihn als große Wende. Wer genauer hinhört, merkt schnell: Es ist weniger ein Plan als ein politischer Schwachsinn, der an der Realität vorbeigeht und dem Land mehr Probleme schafft, als es löst.

Der „Stopp der Energiewende“ klingt schon im Saal nach Unsinn, draußen aber nach purer Realitätsverkennung. Deutschland hat jahrelang Milliarden in Wind, Sonne und Speicher gesteckt, weil die alten Systeme teurer wurden und das Land abhängig machten. Wer diesen Kurs zurückdrehen will, legt die Streitaxt an eine Infrastruktur, die gerade erst ganz langsam stabiler wird. Und wenn Weidel gleichzeitig die Rückkehr zur Atomkraft verspricht, verschweigt sie, was das bedeutet: Bauzeiten, die sich höchstens in Jahrzehnten messen lassen, Kosten, die explodieren, und ein Strompreis, der für Verbraucher und Firmen eher steigt als fällt. Das verkauft sie als Befreiung – es wäre eine Belastung. Dass Weidel das Wort Klimawandel ignoriert, zeigt bereits, wie festgefahren sie gegen akute Probleme der Welt außerhalb der AFD ist.

„Die Rede haben wir den Leserinnen und Lesern erspart“

Ähnlich sieht es bei der Migration aus. Weidel spricht vom „Stopp“, als ließe sich ein Land von der Wirklichkeit abkoppeln. Deutschland hat schon heute kaum genug Arbeitskräfte, um Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Betriebe und Schulen am Laufen zu halten. Die Arbeitgeber rufen seit Jahren, dass ohne Zuwanderung gar nichts mehr funktioniert. Doch genau das will die AfD verhindern – und behauptet gleichzeitig, das sichere das Land. Tatsächlich würde es das Gegenteil bewirken: weniger Menschen, weniger Einkommen, weniger Beitragszahler – und ein System, das in sich zusammensackt. Vielleicht sollte sie sich mit ihrem fragwürdigen Menschenbild bei Müller Milch vorstellen – aber selbst dort dürfte die Milch sauer werden. Theo Müller, der Eigentümer des Unternehmens und langjähriger AfD-Unterstützer, wäre vermutlich der einzige Arbeitgeber, bei dem ihre politischen Vorstellungen nicht sofort auffallen würden. Nach einer Handelsblatt-Umfrage gaben 42 % der Befragten an, die Berichte über Müllers Nähe zu Weidel hätten negative Auswirkungen auf ihre Kaufentscheidung bei Müller-Produkten. Über eine Million Sticker-Bestellungen in 24 Stunden, mehr als 80.000 Besteller, der bundesweite Plakatkampagne „Alles AfD oder was?“ / „Jetzt mit AfD-Geschmack“ auf Müllermilch & Co.

Auch bei den Finanzen zeigt sich das gleiche Muster. Steuern runter, Staat größer, Energie billiger, Schulden niedrig – alles gleichzeitig. Das klingt nicht nach Planung, sondern nach Wunschzettel. Real wird das ein Loch in den Haushalt reißen, das nur mit harten Einschnitten oder neuen Schulden geschlossen werden kann. Und beide Wege würden das Land schwächen: der eine sofort, der andere dauerhaft. Der angekündigte Bürokratieabbau klingt eingängig, doch das weiß jeder und ist kein AFD-Zaubertrick. Er vereinfacht Abläufe, aber er ersetzt weder Fachkräfte noch kompensiert er Milliarden, die durch Steuersenkungen fehlen würden. Selbst wenn alles schneller geht – das Grundproblem bleibt bestehen: die AFD, deren erste Handlung wohl in guter ICE-Manier sein dürfte, Menschen unbürokratische abzuschieben.

Zurück bleibt ein Programm, das im Parteitagssaal gut funktioniert, aber im Alltag der Menschen durchfällt. Weidel spricht von einer Wende, doch der Plan führt zu weniger Stabilität und weniger Zukunft. Er verschließt Türen, ohne neue zu öffnen. Er kostet Geld, ohne welches einzusparen. Und er ignoriert die Herausforderungen eines Landes, das Lösungen braucht – nicht politische Selbstinszenierung. In der Summe ergibt der Zwölf-Punkte-Plan einen wirtschaftlichen, ethischen und klimafeindlichen 0-Punkte-Plan, der weit von einem tragfähigen Modell entfernt ist. Er erhöht Kosten, schafft neue Unsicherheiten und löst keine der strukturellen Fragen, vor denen Deutschland steht. Was als entschlossener Kurs verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein Ausdruck purer Inkompetenz – ein politischer Rückzug ins Mittelalter, getragen von einfachen Antworten für Probleme, die längst komplexer sind, als Weidel es in ihren Reden wahrhaben will. Entscheidend ist, was am Ende für das Land bleibt. Und bei diesem Zwölf-Punkte-Plan wäre das ein Deutschland, das unsicherer, teurer und unberechenbarer wäre, alles Merkmale der AFD.

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M_brockschnieder@gmx.de
M_brockschnieder@gmx.de
7 Stunden zuvor

Na viele Fakten sind jetzt nicht von dem Plan bekannt, er Interpretationen und Vermutungen, selbst wenn sie eintreffen könnten, erwarte ich mehr klare Aussagen, was den Plan kennzeichnet. Ich versuche dann gern, selber auch zu denken.

Lea
Lea
6 Stunden zuvor

Nichts anderes ist von ihr, von der AfD zu erwarten

Irene Monreal
Irene Monreal
4 Stunden zuvor

Das von Rechten strapazierte Wort „Bürokratieabbau“ bedeutet ja nach der Erfahrung in den USA nichts anderes als Entzug von Menschenrechten, Deregulierung des Arbeitsschutzes für Menschen und Aufhebung von Umwelt und Klimaauflagen für Unternehmen.

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