Ein Frieden, der keiner ist – Republikaner kritisieren scharf den Friedensplan

VonRainer Hofmann

November 22, 2025

In Washington zeichnet sich inzwischen ein leiser, aber unübersehbarer Riss sogar innerhalb der Republikanischen Partei ab – ein Bruch, den Trump nicht einkalkuliert hat. Mehrere prominente Republikaner stellen sich offen gegen zentrale Punkte des US-Friedensplans, weil er der Ukraine zu viele Zugeständnisse abverlangt und Russland de facto belohnt. Außenminister Marco Rubio spricht von einem Entwurf, der „alarmierend unausgewogen“ sei und amerikanische Interessen gefährde. Mitch McConnell warnt vor einem „illusorischen Frieden“, der die Glaubwürdigkeit der USA untergrabe und Europa destabilisiere. Don Bacon erklärte, er lehne jede Vereinbarung ab, die Moskau mehr Zeit verschafft, seine Position auf dem Schlachtfeld zu stärken. Und selbst Abgeordnete wie Anna Paulina Luna und Nancy Mace, die seit Monaten gegen weitere Ukraine-Hilfen mobilisieren, kritisieren den Plan nun aus einer völlig anderen Richtung: Er bringe keinen Frieden, sondern nur neue Unsicherheit. In dieser Gemengelage zeigt sich, wie brüchig Trumps vermeintliche Geschlossenheit geworden ist – und wie tief die Sorge in Teilen der eigenen Partei sitzt, dass ein übereilter Deal nicht den Krieg beendet, sondern die nächste Krise vorbereitet. Mitch McConnell, graue Eminenz der Republikaner, sagt offen, Putin habe Trump „das ganze Jahr über vorgeführt“. Wenn der Präsident lieber Moskau zufriedenstellt, als eine echte Friedenslösung zu suchen, müsse er seine Berater austauschen. Für einen Republikaner seiner Reichweite ist das ein bemerkenswerter Satz. 

Die Botschaft aus Kiew ist an diesem Samstag so klar wie trotzig: Die Ukraine wird sich nicht beugen. Nicht einem Angriffskrieg, nicht jahrelanger Zerstörung und auch nicht einem Friedensplan, der mehr nach Erpressung als nach Diplomatie klingt. Während Präsident Wolodymyr Selenskyj versichert, man werde „immer unser Zuhause verteidigen“, wächst in Europa die Sorge, dass Washington einen Weg einschlägt, der Moskau belohnt und eine gesamte Region in Unsicherheit zurücklässt.

In der Schweiz bereitet sich eine ukrainische Delegation, unterstützt von Vertretern aus Frankreich, Deutschland und Großbritannien, auf direkte Gespräche mit den USA vor. Der Anlass: Ein 28-Punkte-Plan aus Washington, der die politischen Gräben eher vertieft als überbrückt. Der Entwurf sieht vor, dass die Ukraine Teile ihres Staatsgebiets abtritt, ihre Armee verkleinert und ihren langen Weg in Richtung NATO aufgibt – Forderungen, die sich anhören wie aus dem Kreml diktiert. Für Kiew und seine engsten Partner ist das ein Schock. Denn die Entscheidung, wem man die eigene Sicherheit anvertrauen kann, gehört zu den Grundrechten eines souveränen Staates. Die Reaktionen in Europa ließen nicht lange auf sich warten. Die Staats- und Regierungschefs der EU, Kanadas und Japans begrüßten zwar grundsätzlich die amerikanischen Bemühungen, machten aber unmissverständlich klar, dass Grenzen nicht mit Gewalt neu gezogen werden dürfen und dass die geplante Schwächung der ukrainischen Streitkräfte die Tür für neue Angriffe öffnen würde. Auch die Frage einer möglichen NATO- oder EU-Mitgliedschaft könne nicht von außen entschieden werden, sondern nur von den jeweiligen Mitgliedstaaten.

Auf dem G20-Gipfel in Johannesburg suchten Europas Spitzenpolitiker fieberhaft nach einer gemeinsamen Linie. Der deutsche Kanzler Friedrich Merz erinnerte daran, dass „Kriege nicht über die Köpfe jener entschieden werden dürfen, die von ihnen betroffen sind“. Er bestand darauf, dass die Ukraine klare und belastbare Sicherheitszusagen braucht, keine Formel, die sie abhängig macht vom Wohlwollen eines Aggressors. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekräftigte, dass es ohne Respekt für die ukrainische Souveränität keinen Frieden geben könne. Ursula von der Leyen fasste die europäische Haltung in wenige Worte: „Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine.“

Auch Großbritanniens Premier Keir Starmer stellte sich vor Kiew. Russland tue so, als wolle es verhandeln, sagte er, doch seine Taten belegten das Gegenteil. Erst wenige Tage zuvor hatte ein russischer Angriff im Westen des Landes mehr als zwei Dutzend Zivilisten getötet. Für Kiew und seine Partner steht deshalb außer Frage, dass Moskau weiterhin auf Zeit spielt, während es versucht, die ukrainische Armee zu überfordern. Die Gespräche in Genf sollen nun zumindest klären, wie weit die USA bereit sind, ihre eigenen Vorstellungen zu ändern. Donald Trump hat der Ukraine eine Frist gesetzt: Bis Donnerstag soll Kiew reagieren. Europas Regierungen sehen darin vor allem eines – Druck, der in die falsche Richtung geht. Denn der Krieg dauert bald vier Jahre, und der Preis, den die ukrainische Bevölkerung dafür zahlt, ist kaum in Worte zu fassen. Wer in dieser Lage eine schnelle Einigung erzwingen will, tut das nicht, um Sicherheit zu schaffen, sondern um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen.

Während die Diplomaten in Genf verhandeln, gedenkt die Ukraine des Holodomor, der stalinistischen Hungersnot der 1930er Jahre. Selenskyj erinnerte daran, dass Millionen Menschen starben, weil ein Regime das Land brechen wollte. „Wir wissen, wie und warum unsere Menschen damals verhungerten. Und wir wehren uns wieder gegen Russland, das sich nicht verändert hat und erneut den Tod bringt“, sagte er. „Wir haben verteidigt, wir verteidigen, und wir werden immer die Ukraine verteidigen. Denn nur hier ist unser Zuhause. Und in unserem Zuhause wird Russland niemals der Herr sein.“

Diese Worte beschreiben nicht nur ein nationales Trauma, sondern den Kern dessen, worum es heute geht: die Existenz eines Landes, das aufsteht, obwohl es unendlich viel verloren hat. Die Vorstellung, man könne diesen Krieg mit ein paar territorialen Zugeständnissen beenden, ist eine Illusion, die Europa teuer zu stehen käme. Wer heute glaubt, Frieden erkaufen zu können, wird morgen feststellen, dass er einen größeren Konflikt vorbereitet hat.

Die kommenden Tage werden zeigen, ob Trump bereit ist, auf die Stimmen jener zu hören, die den Krieg täglich spüren – oder ob man erneut eine Entscheidung trifft, die ein anderes Land ausbaden muss. Für die Ukraine ist die Lage eindeutig: Ein Frieden, der sie entwaffnet, ist kein Frieden. Und ein Plan, der sie schwächt, ist keiner, den sie akzeptieren kann. Europa weiß das. Russland weiß es auch.

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Wuschitz
Wuschitz
2 Stunden zuvor

Man kann nur hoffen das Trump Mut seiner Erpressung endlich den Bogen auch in Amerika überspannt und endlich eine Reaktion kommt die diesem Trauerspiel ein Ende setzt. Hoffentlich noch vor dem Beginn des Krieges mit Venezuelas

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