Donald hat den Hochsicherheits-Treppenlift entdeckt, oder: „Das Spielzeug-Set für Kleindiktatoren“

VonRainer Hofmann

Oktober 20, 2025

Es gibt Tage, an denen Geschichte nicht mit einem Knall beginnt, sondern mit einem Schritt – genauer gesagt: mit 13 kleinen Stufen. Am Sonntag bestieg Donald Trump Air Force One in Palm Beach nicht etwa über die gewohnten präsidentiellen Monumentaltreppen, sondern über eine tragbare Mini-Version, die aussah, als sei sie aus einem Spielzeug-Set für Kleindiktatoren entnommen worden. Die Szene wirkte, als hätte sich das Imperium entschieden, die symbolische Höhe der Macht dem Zustand seines Hauptdarstellers anzupassen. Hintergrund: In der Nähe des Flughafens war ein „verdächtiger Gegenstand“ entdeckt worden – vermutlich ein Jagdstand, aber wer will das in Trumps Amerika noch trennen: Jäger, Gejagte, und jene, die sich für Auserwählte halten. Die Secret Service-Erklärung klang wie aus einer Bedienungsanleitung für Paranoia: Man habe „verdächtige Objekte“ identifiziert. Das kann heute alles heißen – von einer Drohne bis zu einem demokratischen Wähler mit Fernrohr.

Trump, 79, reagierte auf den Fund, wie man es von einem Mann erwartet, der seit Jahren unter der ständigen Bedrohung lebt, von der Realität eingeholt zu werden: Er ließ sich herab. Im wörtlichen Sinn. Keine großen Stufen, kein heroisches Heben der Knie – nur eine zaghafte Mini-Treppe, die aussah, als wäre sie direkt aus Mar-a-Lago importiert, gleich neben dem Buffet mit den „Patriot Shrimp“. Ein White-House-Sprecher erklärte den Schritt mit „erhöhten Sicherheitsmaßnahmen“. Die Wahrheit ist prosaischer: Niemand wollte riskieren, dass der Präsident erneut auf halber Höhe ins Grübeln gerät, ob er nun in den Himmel aufsteigt oder in den Wahlkampf hinab.

Währenddessen ermittelt das FBI in alle Richtungen, vermutlich auch in die falschen. Der mutmaßliche Jagdstand war in einem Baum installiert, „mit direkter Sichtlinie zum Flughafen“. Der Satz könnte als Chiffre für die gesamte Trump-Ära dienen: Etwas Rustikales, Gefährliches, mit perfektem Blick auf den Start- und Landeplatz der Macht. Secret-Service-Chef Anthony Guglielmi versicherte in einer Erklärung, es habe „keine Auswirkungen auf Bewegungen“ gegeben. Bewegungen! Welch wunderbare Umschreibung für den Moment, in dem die mächtigste Person der Welt eine Treppe meidet wie eine Steuererklärung. „Keine Individuen waren beteiligt oder anwesend“, hieß es weiter. Das ist vermutlich der ehrlichste Satz, der jemals aus dieser Behörde kam: Niemand war beteiligt. Niemand war anwesend. Nur ein Präsident und seine Angst vor Höhe – physisch, politisch, moralisch.

Trump-Sohn Eric lobte den Secret Service „für seine hervorragende Arbeit“. Das ist in etwa so, als würde man einem Feuerwehrmann danken, weil er den Brand gelöscht hat, den man selbst gelegt hat. Die Szene in Palm Beach ist mehr als eine Anekdote. Sie ist das Symbol einer Macht, die ihre eigene Karikatur geworden ist: Ein Mann, der sich vor Schatten duckt, die er selbst geworfen hat, der in Sicherheitsstufen denkt und in Verschwörungsetagen lebt. Ein Präsident, der sich vor einem Jagdstand fürchtet, aber täglich mit rhetorischen Flammenwerfern hantiert.

Donald Trump bestieg die Air Force One über die kleinen Treppen – wegen „verstärkter Sicherheitsmaßnahmen“, nachdem der Secret Service einen mutmaßlichen Hochsitz mit freier Sichtlinie auf das Flugzeug entdeckt hatte.

Vielleicht war der „suspicious item“ tatsächlich harmlos – ein Holzgestell, ein Zufallsfund. Doch das eigentliche Risiko stand gar nicht im Baum, sondern trug einen roten Schlips und die Illusion, unverwundbar zu sein. So wurde Palm Beach zum surrealen Kabinettstück: Während die Sonne über dem Golfplatz aufging, stieg der Präsident hinauf – langsam, vorsichtig, über eine Stiege, die kleiner war als sein Ego. Und als er oben ankam, blickte er nicht in den Himmel, sondern in die Spiegelung der eigenen Angst. Amerika hat wieder einen Aufstieg gesehen. Nur diesmal führte er nicht in die Geschichte, sondern in die Psychologie.

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Irene Monreal
Irene Monreal
6 Stunden zuvor

Seit Trump gönne ich mir manchmal diese fiese Genugtuung, dass sich die gesamte Führungsriege nicht mehr in normalem Umfeld bewegen kann, ohne Angst haben zu müssen. Auch die Tatsache, dass es diesem eitlen Fazken wahrscheinlich tierisch stinkt, am „Höhepunkt“ seines Lebens alt, gebrechlich und hässlich zu sein ist finde ich nur gerecht in Anbetracht des Leidens, das er verursacht.
Ich mag mich selbst so eigentlich nicht, aber bei so viel Provokation muss das auch mal raus.

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