Im Namen der Abschreckung – Der Fall Mahmoud Khalil und die Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien

VonRainer Hofmann

September 18, 2025

Ein Einwanderungsgericht in Louisiana hat den pro-palästinensischen Aktivisten Mahmoud Khalil zur Abschiebung nach Syrien oder Algerien verurteilt. Die Entscheidung von Richterin Jamee Comans trägt das Aktenzeichen „In the Matter of Mahmoud Khalil, A 206-913-742“ und stützt sich auf den Vorwurf, Khalil habe in seinem Green-Card-Antrag frühere Tätigkeiten und Mitgliedschaften nicht vollständig angegeben. Doch der Fall ist weit mehr als ein Verwaltungsverfahren. Er zeigt, wie das Einwanderungsrecht unter der Trump-Regierung zum Werkzeug politischer Repression wird – und wie ein Mann, der durch gewaltlose Proteste bekannt wurde, kriminalisiert wird, ohne je eine Straftat begangen zu haben.

Wir kennen Richterin Jamee Comans längst für ihre Praxis, allgemein bekannt für grobe Richtersprüche, Unfairness und Missbrauch. Ihre Karriere wurzelt tief in der Exekutive: Als Deputy Chief Counsel bei ICE (Immigration and Customs Enforcement) war sie selbst Teil jener Maschinerie, die für kompromisslose Härte in Abschiebungsfragen berüchtigt ist – und dort lebte sie diese Rolle voll aus. Dass gerade Louisiana, neben Texas, zu einem der Hauptschauplätze solcher Verfahren geworden ist, ist kein Zufall, sondern Kalkül. In beiden Bundesstaaten bestimmen extrem konservative, oftmals offen rassistisch agierende Behörden die Praxis. Hier wird die politische Agenda nicht verschleiert, sondern als Teil der Justiz inszeniert.

Khalils Anwälte Hiba Abdeen und Daniel Greenfield weisen in einer Eingabe beim Bundesgericht in Newark (Az. 25-cv-11231, District of New Jersey) darauf hin, dass die Entscheidung Comans in direktem Widerspruch zu einem Bundesurteil steht. Richter Michael Farbiarz hatte im Juni verfügt, dass Khalil nicht abgeschoben werden dürfe, solange über seine Klage verhandelt wird. Diese Klage macht geltend, dass Khalils Inhaftierung und drohende Ausweisung eine Vergeltungsmaßnahme für sein friedliches politisches Engagement seien – insbesondere für seine Rolle als Organisator von gewaltfreien Protesten an der Columbia University. Juristisch steht im Zentrum eine selten genutzte Klausel des Einwanderungsgesetzes, die es erlaubt, selbst rechtmäßige Daueraufenthaltsberechtigte abzuschieben, wenn der Außenminister ihre Präsenz als schädlich für außenpolitische Interessen definiert. Dass die Regierung diese Ausnahme gegen einen Mann wie Khalil einsetzt, wirft schwerwiegende Fragen auf: Wo endet legitime Migrationspolitik, und wo beginnt politische Verfolgung? Farbiarz hatte bereits im Juni klargestellt, dass eine Demokratie keine „politisch motivierten Abschiebungen“ dulden dürfe. Dennoch hält die Regierung unbeirrt an diesem Weg fest.

Abdeen und Greenfield warnen in ihrer Eingabe, dass Khalils Lage prekär ist. Zwar könne man binnen 30 Tagen Berufung beim Board of Immigration Appeals einlegen, doch gelte dieser Weg als kaum erfolgversprechend. Auch der 5th Circuit Court of Appeals, der im Anschluss zuständig wäre, gewährt nachweislich so gut wie nie Aussetzungen von Abschiebungen. In ihrem Schriftsatz sprechen die Anwälte deshalb von einem symbolischen Weg ohne echte Aussicht auf Erfolg und verweisen darauf, dass faktisch nur die einstweilige Verfügung Farbiarz’ den Mandanten vor einer sofortigen Deportation bewahre. Die politische Dimension des Falls ist offenkundig. Khalil, der in Syrien geboren wurde und seit Jahren in den USA lebt, hat sich stets auf gewaltlose Mittel gestützt. Er organisierte friedliche Demonstrationen, war als Student in die akademische Debatte eingebunden und vertrat öffentlich Positionen, die im politischen Klima unter Trump auf Misstrauen stießen. Dass ein solcher Aktivist zur Zielscheibe wird, illustriert, wie scharf die Linie zwischen legitimer Meinungsäußerung und staatlicher Repression inzwischen gezogen wird.

Khalil selbst äußerte sich am Mittwoch unmissverständlich: „Es überrascht nicht, dass die Trump-Regierung weiter mit faschistischen Taktiken gegen mich vorgeht. Ihr jüngster Versuch über ein Kängurugericht für Einwanderung offenbart einmal mehr ihr wahres Gesicht.“ Es sind Worte, die in ihrer Drastik den Ernst der Lage widerspiegeln. Denn die Abschiebung würde nicht nur Khalils Leben zerstören, sondern auch ein Signal an alle senden, die in den USA friedlich für eine palästinensische Perspektive eintreten: dass selbst gewaltfreie Proteste in den Augen der Regierung Grund genug sind, jemanden loszuwerden. Der Fall Mahmoud Khalil markiert damit einen tiefen Einschnitt. Er zeigt, wie das Einwanderungsrecht zur Waffe gegen unliebsame Stimmen werden kann, und wie fragil selbst der Status legaler Daueraufenthaltsberechtigter ist, wenn politische Interessen ins Spiel kommen. Am Ende könnte nicht das Recht entscheiden, sondern die Politik – und das wäre ein Schlag gegen die Grundfesten eines Rechtsstaats, der vorgibt, Meinungsfreiheit und friedlichen Protest zu schützen.

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Ela Gatto
Ela Gatto
7 Tage zuvor

Khalil ist, wie Kilmar Abrega, zum Hassbild der Trump Regierung geworden.

2 Männer, die sich mit Hilfe von Journalisten und Anwälten gegen die verfassungswidrige Inhaftierung und Abschiebung gewehrt haben.
Die nicht schweigend den Kopf gesenkt haben, die weiter ihr Recht auf freie und friedlich Meinungsäußerung nutzen.

Ganz erschreckend, dass es sehr, sehr viele (nicht nur MAGA) US Amerikaner der Meinung sind, dass 1. Amendment gelten nur für US Staatsbürger.

Ich sehe für Beide schwarz.
Diese Beiden aus den USA zu entfernen, steht ganz oben auf Trumps Agenda

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