Es gibt Bilder, die mehr über eine Gesellschaft verraten, als jede Statistik je könnte. In den USA genügt manchmal ein Blick in ein ICE-Abschiebezentrum, um zu verstehen, wie weit Realität, Wahn und Irrealität bereits ineinandergeflossen sind. Offiziell geht es um Recht und Ordnung – in Wahrheit sitzen dort zu über 75 Prozent Menschen, die weder eine Straftat begangen noch eine reale Gefahr darstellen. Sie sind Verhandlungsmasse in einem politischen Spiel, in dem die Menschlichkeit längst aus den Händen gefallen ist. Die Behörden verpacken das in sterile Begriffe: „Bearbeitung“, „Inhaftierung“, „Abschiebung“. Wörter, die wie Desinfektionsmittel riechen sollen, aber den Gestank der Ungerechtigkeit nicht überdecken. Was sich dahinter verbirgt, ist ein System, das Menschen wie Aktenordner stapelt, ihre Lebensgeschichten auf Fallnummern reduziert und ihr Recht auf ein faires Verfahren zum Ermessensspielraum degradiert. ICE präsentiert sich der Öffentlichkeit gern in makellosen Uniformen – doch wer einmal mit den Betroffenen gesprochen hat, weiß, dass hinter dieser Fassade eine Praxis steht, die auf Abschreckung, Erniedrigung und Isolation setzt.

Für uns, die Versuchen zu helfen, beginnt der Kampf lange bevor ein Name auf einer Liste steht. Jeder Kontakt zu Inhaftierten muss erkämpft werden – gegen verschlossene Türen, undurchsichtige Vorschriften und eine Verwaltung, die offenbar darauf setzt, dass Helfer irgendwann aufgeben. Doch wer an dieser Front arbeitet, weiß: Aufgeben ist keine Option. Der wirkliche Marathon beginnt, wenn Betroffene abgeschoben werden. Dann verschiebt sich der Kampf an Orte, an denen das Recht oft nur auf dem Papier existiert – nach El Salvador, etwa in das CECOT, eines der größten und härtesten Gefängnisse der Welt. Ohne die Arbeit lokaler NGOs, die vor Ort nicht nur juristische Hilfe leisten, sondern auch humanitäre Unterstützung organisieren, wäre vieles von dem, was wir erreichen, schlicht unmöglich. Sie kennen die Wege durch das Dickicht der Vorschriften, sie riskieren oft ihre eigene Sicherheit, und sie halten die Verbindung zu den Menschen, die sonst im System verschwinden würden. Dafür können wir nur „Bravo“ sagen – Menschen, die kaum jemand kennt, deren Einsatz aber Leben rettet.

Wer glaubt, dass der Albtraum an der Gefängnismauer endet, der war noch nie in El Salvador, um dort einen Häftling zu sehen. Schon an der Grenze beginnt ein anderes Spiel – eines, das nur gespielt werden kann, wenn man den richtigen Leuten die richtigen Summen in die richtigen Hände legt. Ohne Schmiergeld läuft nichts: keine Genehmigung, kein Zugang, kein Gespräch. Selbst für Anwälte ist der Weg zu ihren Mandanten ein Spießrutenlauf durch korrupte Hierarchien, informelle Machtstrukturen und eine Mauer des Schweigens. Die Gefangenen, die aus den USA zurückkommen, sind oft doppelt gebrochen: von den Monaten in ICE-Haft und von der Gewissheit, dass sie nun in einem Land überleben müssen, in dem der Staat selbst Teil des Problems ist. Und doch gibt es Momente, in denen all das bröckelt – wenn eine Mutter nach Wochen endlich einen Brief aus dem Gefängnis erhält, wenn ein Anwalt einen Fall vor Gericht bringt, den man schon begraben glaubte, oder wenn eine NGO es schafft, Medikamente durch die Zensur der Wärter zu schleusen. Das sind die stillen Siege, die keine Schlagzeilen machen, aber ganze Leben verändern.

Wer aus sicherer Entfernung meint, das seien nur Einzelfälle, hat nicht verstanden, wie systemisch das Problem ist. Es geht nicht um individuelle Fehler, sondern um ein politisches und gesellschaftliches Konstrukt, das davon lebt, Menschen zu entrechten. ICE in den USA, korrupte Strukturen in El Salvador – es sind zwei Seiten derselben Medaille. Die eine glänzt in offizieller PR-Sprache, die andere trägt den Rost offener Brutalität. Und irgendwo dazwischen stehen wir: als Zeugen, als Helfer, als Journalisten, die versuchen, die schleichende Axt sichtbar zu machen, mit der soziale Werte Stück für Stück von einer wahnhaften Religion und ihrem politischen Geflecht untergraben werden – und als Teil jener Gemeinschaftsproduktionen, die diese Gefahr aufdecken und sich ihr entschlossen entgegenstellen.
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Der wurde nach der Serie nichts mehr als Schauspieler.
Nun hat er eine neue Bühne gefunden, auf der er von MAGA gefeiert wird.
So bekommt man auch seinen, kurzzeitigen, Ruhm.
Das Menschenrechte und die Verfassung mit Füßen getreten werden ist dabei offensichtlich Nebensache.
Wenn ich die Kommentare bei ACLU lese, wenn es um das Thema geht, kann einem Angst und Bange werden.
Solch menschenverachtende Kommentare, solch komplette Realitätsverweigerung.
Denken die Alle wirklich so oder sind da MAGA Troll-Bots am Werk?
Ihr arbeitet doch mit der ACLU zusammen, oder?
hi, mit cristosal, socorro jurídico humanitario und auch aclu, mit denen aber mehr für gerichtsfälle, weil in salvador können sie nicht so gross helfen