Willkürliche Festnahmen an US-Grenzen verunsichern europäische Touristen

VonRainer Hofmann

März 21, 2025

Es war als kurzer Ausflug geplant, ein Abstecher nach Mexiko, eine kleine Reise, um ein paar schöne Tage zu verbringen. Lennon Tyler, eine Amerikanerin aus Las Vegas, und ihr deutscher Verlobter Lucas Sielaff waren es gewohnt, solche Touren zu unternehmen. Mexiko war nur eine Tagesfahrt entfernt, eine willkommene Abwechslung. Doch was als harmloser Ausflug begann, endete in einem Albtraum.


Verhaftet an der Grenze – ohne Erklärung, ohne Rechte

Als die beiden am 18. Februar von Tijuana in die USA zurückkehren wollten, schlug das Schicksal um. Ein US-Grenzbeamter beugte sich ins Auto, musterte Sielaff scharf und fragte: „Wo wohnen Sie?“

„In Las Vegas“, antwortete er in holprigem Englisch – er meinte damit den Wohnort seiner Verlobten. Doch das war der Fehler.

„Aha, Sie leben also illegal hier!“, triumphierte der Beamte.

Und dann ging alles ganz schnell: Handschellen klickten, Tyler wurde aus dem Auto gezerrt, an eine Bank gekettet. Ihr Hund, frisch operiert, blieb winselnd im Wagen zurück.

Lucas Sielaff, 25 Jahre alt, ohne Vorstrafen, ohne illegale Einreise, wurde abgeführt, als wäre er ein Schwerverbrecher. Erst in der Zelle wurde ihm klar, dass er jetzt nicht mehr Herr seiner eigenen Zeit war. Zwei Tage lang saß er auf einer kalten Bank, ohne Kissen, ohne Decke, ohne Antworten. Dann verfrachtete man ihn in das berüchtigte Otay Mesa Detention Center in San Diego. Ein Gefängnis für illegale Einwanderer – Sielaff, der Deutsche, mitten unter ihnen.

Europäer hinter Gittern – ein neuer Trend?

Sielaffs Fall ist kein Einzelfall. Seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus häufen sich Berichte über Touristen aus Europa und Kanada, die an US-Grenzen festgehalten werden – ohne Grund, ohne Erklärungen.

Jessica Brösche, eine junge Frau aus Deutschland, wurde am 25. Januar in Tijuana festgenommen und ganze sechs Wochen lang inhaftiert – darunter eine Woche in Einzelhaft.

Becky Burke, eine Rucksacktouristin aus Wales, wurde an der kanadischen Grenze festgesetzt und verbrachte fast drei Wochen in einem US-Internierungslager.

Jasmine Mooney, eine kanadische Schauspielerin mit gültigem Arbeitsvisum, wurde am 3. März verhaftet und zwölf Tage lang festgehalten, bevor sie endlich freikam.

Und immer wieder die gleiche Geschichte: Keine Erklärungen, keine Prozesse, keine Möglichkeiten, sich zu verteidigen.

Eine neue Politik der Abschreckung?

Pedro Rios, ein erfahrener Menschenrechtsaktivist, sagt: „In meinen 22 Jahren an der Grenze habe ich so etwas noch nie erlebt. Westliche Touristen werden jetzt wie illegale Einwanderer behandelt. Das ist eine völlig neue Eskalation.“

Wirklich überraschend ist es allerdings nicht.

Trumps Regierung hat den Grenzschutz mit neuen Befugnissen ausgestattet. Die Atmosphäre ist vergiftet, die Parole lautet: Härte um jeden Preis. Besonders hart trifft es Reisende, die dem Grenzschutz „verdächtig“ erscheinen – ein vages Kriterium, das sich jederzeit gegen jeden wenden kann.

Sielaff war erst 22 Tage in den USA, als er nach Mexiko reiste – weit unter der 90-Tage-Grenze des Visa-Waiver-Programms. Dennoch wurde er behandelt, als hätte er einen illegalen Einwanderungsversuch unternommen.

„Man redet nicht mit dir. Man sagt dir nicht, was du getan hast. Du wartest nur und weißt nicht, wann du rauskommst“, erzählt er.

Erst nach 16 Tagen wurde ihm eine Möglichkeit zur Rückkehr angeboten – aber nur, wenn er selbst sein Flugticket bezahlte. Seine Verlobte kaufte es für 2.744 Dollar, und am 5. März flog er nach Hause.

„Niemand ist mehr sicher, als Tourist nach Amerika zu kommen“, sagt Sielaff heute.

Amerikanischer Alptraum – mit System

Während sich in Europa das Entsetzen über die Willkür an den US-Grenzen ausbreitet, verschärft die Trump-Regierung ihre Politik weiter. Einreisestopps für bestimmte Länder sind in Vorbereitung. Universitäten wie die UCLA warnen ausländische Studierende davor, das Land während der Semesterferien zu verlassen – sie könnten bei der Rückkehr nicht mehr einreisen dürfen.

Die Angst geht um, nicht nur unter jenen, die nach Amerika auswandern wollen, sondern nun auch unter denen, die nur für ein paar Wochen zu Besuch kommen wollten.

Lennon Tyler hat angekündigt, die US-Regierung zu verklagen. Doch ihre Hochzeit in Las Vegas steht auf der Kippe. Sielaff schläft schlecht, wird Albträume nicht los, denkt über eine Therapie nach.

„Es ist nicht mehr das Land, das ich kannte“, sagt er. Und Tyler fügt hinzu:

„Was an der Grenze passiert ist, war nichts anderes als ein Missbrauch der Macht.“

Und es könnte erst der Anfang sein.

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